John Fogerty
Er schrieb ende der Sechziger die Songs von Creedence Clearwater Revival, geriet dann in absurde juristische Scharmützel und zweifelte an seinem Talent. Der Titel von Fogertys letztem Album deutet die Versöhnung mit der Vergangenheit an: "Deja vu all over again"
In einem 1970 erschienenen Review schrieb der amerikanische ROLLING STONE über Creedence Clearwater Revival, sie würden „selbst im schlechtesten Autoradio noch nach echtem Rock’n’Roll klingen“. Das schöne Lob muß John Fogerty mächtig gefreut haben und sagt nebenher einiges aus über die Sonderrolle, die den Brüdern John und Tom Fogerty, Stuart Cook und Douglas Cliffbrd zwischen 1968 und 1971 zukam. Das Anachronistische, das Ur-Amerikanische, das gut Geerdete: Obschon sich CCR ihren Namen als Live-Band in San Francisco gemacht hatten und mjf der aufblühenden Haight-Ashbury-Szene oft in einen Topf geworfen wurden, war das kalifornische Quartett ein deutlicher Gegenentwurf zu endlos gniedelnden Hippies, drogeninduziertem Freiheitsdrang und politisch aufgeladener Gegenkultur. Der Country-Folk von „Cotton Fields“, die Südstaaten-Romantik von „Proud Mary“, der gradlinige Rock’n’Roll von „Traveling Band“, der Swamp-Blues von „Born On The Bayou“: Die Songs von CCR standen auf den Säulen der US-amerikanischen Musikhistorie, waren schlicht, klar, von stolzer Souveränität. Und inmitten all der ausufernden Tendenzen und Traditionsbrüche offenbar selbst deren Orientierung und Identitätsstiftung den Bildersturm höchstselbst anzettelten. Daß CCR alte Tugenden verkörperten, ohne dabei in den Verdacht zu geraten, bloß Reaktionäre zu sein: Mancher Chronist sieht darin eine Erklärung für den beispiellosen Erfolg dieser zwölf Singles und sieben Alben umfassenden Diskographie. CCR verkauften zwischen 1968 und 1971 mehr Platten die Beatles, wurden in den USA zum Phänomen und in den bloß knapp fünf Jahren Band-Historie zum nationalen Monument – auch wenn sie später im Pantheon der Spät-60er-Bands aus den oben genannten Gründen nie wirklich einen festen Platz bekamen. Doch das ist nur der Schleier der Geschichte. Keine andere amerikanische Band hat in so kurzer Zeit so viele Singles in die Top Ten der „Billboard“ Charts gehievt, keine andere Band so konzise und stilsouverän eine Art amerikanischen Grundton getroffen. Auch Bruce Springsteen samt E-Street Band nicht, dessen Werk ja gerade aus Entfremdung und dem Verlust der Bezüge schöpft. In der Welt des John Fogerty gibt es diese Bezüge noch, wenn er als kalifornischer Karl May die Südstaaten romantisiert (zu einem Zeitpunkt, als er noch nie dort gewesen war), vom einfachen Leben singt und seine fiktiven Willy & The Poor Boys for a nickel an allen Straßenecken spielen läßt Und doch ist die Bedrohung schon greifbar: bad moons, graveyard trains, UFOs und tombstone shadows sind das Außen in dieser nicht mehr ganz heilen Welt, und Fogerty schreibt das Menetekel an die Wand: Don’t go out tonight! It’s bound to take your life! There’s a bad moon on the rise.
Die bravourösen Songs, der schwer erarbeitete Erfolg, der einzigartige Sound, das alles ist natürlich zuvorderst das Werk des John Cameron Fogerty – auch wenn Stu Cook und Doug Clifford 30 Jahre später als die unsäglichen CCRevisited ein Erbrecht beanspruchten und weltweit eine Art Reunion vortäuschten. Aber wenn man sich hier einmischt, ist man mittendrin in der dunklen Seite der Geschichte des John Fogerty, die viel weniger schön ist als die bisher erzählte. Es geht dort um miese Verträge, geistige Enteignung, jahrzehntelange Rechtsstreitereien und schlimmen Bruderzwist. Aber der Reihe nach.
Schon im jugendlichen Alter von 15 Jahren hatte der am 28. Mai 1945 geborene John Fogerty, Sohn einer Klavierlehrerin und der zweitjüngste von fünf Brüdern, mit den Schulkameraden Stuart „Stu“ Cook und Douglas Ray Clifford daheim in Berkeley eine Band gegründet, aus der später durch Fogertys Bruder Tom ein Quartett wurde. Ob seiner (allerdings überschaubaren) Erfahrungen im Musik-Biz übernahm der sieben Jahre ältere Bruder Tom zunächst die Rolle des Vbrmanns. Erst als Tommy Fogerty And The Blue Velvets, später als die Golliwogs, wurde in allen erreichbaren Kneipen ganz klassisch Musikdienstleistung betrieben und also jene Rock’n’Roll-Knochenarbeit geleistet, die John Fogertys künstlerische Auffassung bis heute prägt. Erinnern muß man sich an das ungefähre Dutzend Singles dieser Zeit nicht unbedingt; auch nicht an die (freilich lustigen) Promo-Photos mit englisch geschnittenen Perücken, die der Band im Sog der British Invasion eine Chance eröffnen sollten.
Nachdem Ende 1967 das Label Fantasy mit Saul Zeantz einen neuen Geschäftsführer bekommen hatte, wurden aus den Golliwogs Creedence Clearwater Revival, ein Phantasiebegriff, der sich aus dem Namen eines Freundes, einer Biersorte und dem grundsätzlichen Gefühl von Wiederbelebung einer halbtoten Karriere zusammensetzte. Tom Fogerty hatte derweil dem kleinen Bruder das Zepter überlassen und sich mit der Rhythmusgitarre begnügt Kein Problem sei das, war damals zu lesen, aber es war wohl doch eins: Die eine Hälfte der Lebensmisere des John Fogerty liegt in seiner von den Kollegen nie wirklich akzeptierten Rolle als Vormann bei CCR. Diese Kollegen nämlich wollten sich kreativ einbringen und forderten – erst unterschwellig, schließlich offen heraus – mehr Macht und Kontrolle. Und konnten doch zu keinem Zeitpunkt so recht einsehen, daß CCR vermutlich wohl mit einer anderen Rhythmusgruppe zur Legende geworden wären – aber bestimmt nicht ohne ihren Frontman.
„Wir saßen mit Creedence von Anfang an auf einer Zeitbombe“, sagt John Fogerty heute, „wir hatten als Band gemeinsam begonnen und über einige Jahre an der Erfüllung unseres Traumes gearbeitet Aber als es ernst wurde, habe ich verstanden, daß wir unsere Chance verpassen würden. Das erste Album war gut gelaufen, ja, aber eine große Karriere wäre nicht draus geworden. Entweder die nächste Platte würde ein wirklich großer Erfolg werden, oder ich könnte wieder Autos waschen gehen. Ich wollte das nicht, also habe ich die Sache in die Hand genommen. Die anderen haben das nie wirklich verstanden.
Daß das alles wohl böse enden würde, wurde mir schon bei den Aufnahmen zu, „Bayou Country“ (das zweite Album von 1969) klar: Die anderen wollten eigene Songs schreiben und schlugen bei ,Proud Mary‘ grausame Chöre und beknackte Perkussion vor. Ich habe dann gesagt, was ich denke, und am Ende haben sie mir die Arbeit überlassen. Das Ergebnis waren acht millionenfach verkaufte Doppel-Singles und sechs Platin-Alben nacheinander. Auch wenn’s den anderen nicht geschmeckt hat: Daß ich den Job machen konnte, war nicht zu leugnen.“
Die geduldete Regierung des John Fogerty hielt für besagte sechs Alben, zuletzt, im Dezember 1970, „Pendulum“. Knapp drei Monate später erklärte Tom Fogerty seinen Ausstieg die Familie fordere Heimatpräsenz, und die kreative Übermacht des Bruders habe den Schritt letztendlich leicht gemacht, ließ Fogerty verlauten, wollte aber von größeren Streitereien nichts wissen.
Mit dem Ausstieg brach der Damm: Ermutigt von der neuen Situation, forderten Cook und Clifford fürs nächste Album mehr kreative Mitsprache. Fogerty, der nach drei Jahren unablässigen Schreibens, Produzierens und Tourens müde geworden war und schon auf „Pendulum“ nicht mehr ganz so treffsicher liefern konnte, hatte dem neuerlichen Anwurf nichts mehr entgegenzusetzen und stimmte der Demokratisierung zu. Auf dem letzten Album, „Mardi Gras“, schrieben, sangen und produzierten die verbliebenen drei CCR-Mitglieder ihre jeweils
eigenen Songs – und machten eine schale Platte mit vielen peinlichen Liedern. „Ich habe verstanden, daß man einen Künstler nicht in einen Käfig stecken kann“, gab Fogerty damals den Kollegen-Versteher, „er braucht Raum, sich auszudrücken, sonst kann er sich nicht entwickeln.“ Womöglich ahnte er schon, auf welch dramatische Weise diese Einsicht bald für sein eigenes Leben wahr werden würde. „Vielleicht wollte ich, daß es zu Ende geht Ich hatte die Kämpfe zwischen uns satt. Ich dachte: Wenn ich es bloß allein und ohne Kompromisse machen könnte, würden die Platten besser werden. Ich bin ein Schallplattenmacher; das ist mein Beruf. Ich möchte diesen Beruf so gut ausüben, wie’s geht. ‚Mardi Gras‘ war auch die Entscheidung, es drauf ankommen und womöglich zu einem Schlußpunkt kommen zu lassen.“
John Fogerty sitzt backstage im „Palladium“ Köln, 33 Jahre danach. Von ein paar Shows im Vorprogramm von Tina Turner abgesehen, wird Fogerty heute Abend seinen ersten Auftritt in Deutschland seit mehr als drei Jahrzehnten spielen. Obwohl John Fogertys Bruder und langjähriger Manager Bob Fogerty etwas über die verhältnismäßig kleine Location murrt (gestern in Antwerpen waren es 12 000), ist der Abend also denkwürdig. Fogerty hat seine zweite Familie dabei: Frau Julie, die gemeinsamen Kinder Shane (13), Tyler (12) und Kelsi (3) sowie Lindsay (20), Julies Tochter aus einer früheren Beziehung. Die Söhne fahren Skateboard in der leeren Halle, Mutter Fogerty wählt just das Abendessen vom französisch geschriebenen Catering-Menü; Kelsi planscht mit ihrer großen Schwester lieber im Pool des Hotels. Beim langen Soundcheck hatte Fogerty noch einmal seinen legendären Arbeitseifer unter Beweis gestellt – CCR waren dafür bekannt, jeden Tag im Proberaum zu stehen – und seine Band durch tatsächlich alle 28 Stücke der Setlist gejagt.
Im Gespräch ist der äußerst frisch wirkende Fogerty genau das angenehme, konzentrierte Gegenüber, das man sich erhofft, aber nicht erwartet hatte. In den raren Interviews seit dem Ende von CCR war der nun 59jährige oft nur für Unterhaltungen über seine jeweils aktuelle musikalische Arbeit zu haben, gern auch übers Musiktechnische und Gitarristische. Wer nach Früher fragte, rüttelte an der Büchse der Pandora und hatte es schlechtestenfalls plötzlich mit einem sehr bösen, offenbar tief verletzten Mann zu tun. Auch jetzt ist Fogerty nicht erpicht darauf, tief in Vergangenem zu wühlen. „Wenn du mich diese Fragen noch vor zehn Jahren gefragt hättest, würde ich jetzt wohl schon im Raum auf und ab laufen und lautstark Verwünschungen ausstoßen. Aber das ist vorbei, ich kann meiner Vergangenheit heute glücklicherweise ins Gesicht sehen, ohne jeden Tag an ihr zu scheitern.“
Das Drama, das sich von 1973 bis mindestens 1988 im Leben des John Fogerty abgespielt hat, kann man bestenfalls einigermaßen korrekt zusammenfassen. Ende 1973 – Fogerty hatte unter dem Decknamen Blue Ridge Rangers just sein erstes Soloalbum veröffentlicht, eine komplett im Alleingang aufgenommene Sammlung von C&W-Klassikern – kam es zum Bruch zwischen Fogerty und Fantasy-Chef Saul Zaentz. Fogerty pochte auf Revision des zu Golliwogs-Zeiten abgeschlossenen Vertrages, der CCR lächerlich wenig Verkaufsanteile zugestand und obendrein die absurde Klausel beinhaltete, die Band müsse jährlich drei Alben abliefern; die Fehlzahl aus einem Jahr würde jeweils zum Soll des nächsten addiert werden. Lebenslänglich bei Fantasy! Fogerty zog vor Gericht. Und schaffte mit Hilfe von Kumpel David Geffen (bzw. sehr viel Geld) ein Jahr später eine Teileinigung, die ihm den Wechsel zum Label Asylum ermöglichte. Ein guter Name, Asylum.
Der Rest der Geschichte im Schnelldurchlauf: 1976 wird offenbar, daß Fantasy geschätzte fünf Millionen CCR-Dollar auf einer Bank auf den Bahamas deponiert haben, diese aber angeblich nicht auszahlen können. Die Bank verschwindet zwei Jahre später samt dem Geld unter mysteriösen Umständen aus den Registern, das „Wall Street Journal“ berichtet. 1980 durchschneidet Fogerty die letzte Verbindung zu Fantasy (die Übersee-Rechte an vier Soloalben), muß dafür aber den totalen Verlust seiner Gewinnteile an zukünftigen Creedence-Verkäufen hinnehmen. Will sagen: Jede verkaufte Einheit eines CCR-Tonträgers und jeder gespielte Song lassen bis heute Saul Zaentz‘ Kasse klingeln. Fogerty hingegen geht abgesehen von den freilich auch nicht unerheblichen Songwriter-Tantiemen
leer aus. Die bislang letzte größere Schlacht beginnt 1985, als Fogerty Zaentz mit einem bösen Lied vergackeiert („Zanz Kant Danz“) und der Verunglimpfte mit einer 142 Millionen Dollar schweren Klage kontert. Fogerty wird freigesprochen, muß aber das Lied umbenennen. Die Retourkutsche: Nach einem Hinweis von Doug Clifford, der Ähnlichkeiten zwischen einem Song auf „Centerfield“ („The Old Man Down The Road“) und dem CCR-Song „Run Through The Jungle“ ausgemacht haben will, verklagt Zaentz Fogerty, der drei Jahre später wiederum vor Gericht siegt. Zur Strafe fürs Petzen läßt Fogerty seine ehemaligen Kollegen bei CCRs feierlicher Aufnahme in die Hall of Farne 1992 buchstäblich nicht mitspielen und bringt „Proud Mary“ mit anderen Musikern.
Mit dem Ende von CCR versiegt der kreative Fluß des John Fogerty. Ausgebrannt und blockiert von der beginnenden Auseinandersetzung mit Zeantz, versucht Fogerty noch ein Soloalbum (John Fogerty“, 1975), auf dem er wiederum alle Instrumente spielt. Die zweite Karriere scheint einen Moment lang durchaus möglich: Fogerty war zu Asylum gewechselt und also eigentlich in der Lage zu einem Neustart. ^Als Creedence aufgelöst waren, mußte ich mir ein Refugium schaffen. Ich war ausgebrannt und tief enttäuscht von vielen Dingen. Ich mußte einen Ort finden, der überschaubar war; einen Ort, den ich kontrollieren konnte. Also hab ich mich darauf konzentriert, alle Instrumente zu lernen, die ich künftig für meine Platten brauchen könnte; ich wollte jeden Ton meiner Aufnahmen selbst spielen. Ich lernte Geige, Drums, Kontrabaß, Keyboard und verbesserte außerdem meine Können am Saxophon. Ich mußte das tun, sonst wäre ich vermutlich wahnsinnig geworden. Und ich dachte, von hier die Kraft für einen zweiten Anlauf zu finden.“ Das Songwriting wird indes bald zum Problem.
Fogerty ist unsicher, stellt sein Können in Frage und wertet „John Fogerty“ bald nach der Veröffentlichung als Fehlschlag. Ein Umzug nach Oregon soll einen klaren Kopf bringen; Fogerty baut ein Farmhouse, mutiert zum Einsiedler und sucht sein Heil im zirkulären Leben auf dem Land. Und veröffentlicht fast zehn Jahre lang keine Platte mehr.
Mr. Fogerty, warum gelang 1975 nicht der nahtlose Übergang in eine Solokarriere?
Das Ende von Creedence, der Beginn der Auseinandersetzungen mit Fantasy, vorher das Ende meiner Ehe, all das führte mich in eine sehr schwierige Zeit Schon als „Suzy Q.“ (die erste Single) herauskam, dämmerte mir, daß Zaentz uns über den Tisch gezogen hatte. Ich bin darüber sehr bitter geworden. Daß mein Output so extrem darunter litt und ich ab 1975 eigentlich gar nichts mehr hinbekam nun ja, ich wünschte, es wäre anders gewesen, wirklich. Heute betrachte ich meine Arbeit aus der Zeit mit sehr zwiespältigen Gefühlen. Alles ist irgendwie unvollständig.
Gilt das auch für „Centerfield“?
Das stimmt auch in gewisser Weise. Als ich 1984 die Songs für „Centerfield“ arrangierte und aufnahm, hatte ich das erste Mal seit 1975 das Gefühl, musikalisch etwas zu sagen zu haben. Mir hatte diese lange Auszeit gut getan, und das Album fühlte sich schon ein bißchen wie eine Befreiung an. Nicht, daß ich in der Zwischenzeit nichts getan hätte: Ich war arbeiten gegangen wie jeder andere, hatte mir ein Studio gebaut und meine Fähigkeiten verfeinert. Ich war damit beschäftigt, die verschiedenen Aspekte meines musikalischen Lebens zusammenzubringen.
Das heißt, „Centerfield“ beschreibt eine Wende in Ihrem Leben?
Nein, eigentlich nicht. Daß ich mich heute einen glücklichen Menschen nenne, hat ausschließlich mit meiner Frau Julie zu tun. Es ist ganz buchstäblich so: Von dem Tag an, als wir uns 1986 trafen, wurde mein Leben heil. Sie hat mir geholfen, meine Bitterkeit loszulassen und Frieden mit meiner Vergangenheit zu schließen. Ich hab‘ übrigens alles richtig gemacht: Wir sind nicht gleich ins nächstbeste Hotelzimmer, um., na ja, du weißt schon, sondern haben die ersten Monate nur geredet, geredet, geredet. Ich wußte, daß ich gerade die wichtigste Person meines Lebens getroffen hatte.
Bei dieser Tour sind wieder viele Creedence-Songs im Programm. Woher der Sinneswandel?
Anfang der Neunziger, irgendwann nach dem Tod meines Bruders (Tom Fogerty starb 1991; man sagt, an Tuberkulose) besuchte ich bei einem Trip in den Süden das Grab von Robert Johnson, den ich sehr verehre. Als ich da so an seinem Baum stehe – einen Grabstein gab es nicht – dachte ich darüber nach, wie wenig wir über ihn wissen und fragte mich, wer wohl die Rechte an seinen Songs besitzt Wahrscheinlich irgendein Anwalt-Gauner irgendwo in einem New Yorker Hochhaus. Da wurde mir plötzlich klar: Es ist völlig egal, wer die Rechte an den Songs von Robert Johnson besitzt! Es würden sowieso für immer seine Songs bleiben! Und dann verstand ich, daß es sich mit mir ja genauso verhält: Wichtig ist nicht, wer nun die Rechte an meinen Songs besitzt. Wichtig ist, daß ich sie singe. Und daß die Leute, wenn sie mal an meinem Baum stehen, sich an diese Songs erinnern – nicht an einen Typen, der wegen irgendwelcher Rechtsstreitereien stumm geworden ist. Das war die Wende.
Gestärkt von Robert Johnson und Gattin Julie, nahm Fogerty sich Anfang der Neunziger eine neue Platte vor und brauchte wieder sechs Jahre, um sie fertig zu kriegen. Aber so ist das im Leben des John Fogerty nach CCR: Alles braucht unfaßbar lange. „Ich habe mich damals an ein uraltes Versprechen erinnert, das ich mir selbst gegeben habe, noch bevor CCR existierte: Ich wollte der beste Gitarrist werden, der ich werden kann. Das war gleichzeitig ein extrem befreiender und sehr beschämender Moment; ich hatte mein Versprechen ja so lange nicht eingelöst“ Nachdem Fogerty sich also wieder für drei, vier Jahre eingeschlossen hatte, um Dobro, Slide und allerlei Nashville-affine Fingerfertigkeiten zu pauken, erschien „Blue Moon Swamp“. Fogerty spielte unfaßbar viele Gitarren und schuf einen Sound, der selbst ganz gediegene Studiokönner stauend macht. Die ganze lange Elendsgeschichte des John Fogerty kommt mit dem aktuellen „Deja Vu All Over Again“ endlich zum Happy End. Fogerty singt Bluegrass, Country-Rock und triefenden Swamp-Blues, und man hört, daß da jemand nach einer langen Reise bei sich selbst angekommen ist.