Jimmy Page im Interview: „Seifenopern interessieren mich nicht, ich bin schließlich Musiker“
Mit der Wiederveröffentlichung der letzten drei Led-Zeppelin-Studioalben kommt Jimmy Pages Hauptaufgabe der letzten Jahre, den eigenen Backkatalog und somit das eigene Erbe in die (klangliche) Gegenwart zu holen und für die Zukunft zu sichern, zu einem Abschluss. Von Markus Brandstetter
Gerade auf dem Companion-Material zu „Coda“ zeigen sich ja die indischen Einflüsse recht deutlich.
Das ist keine große Überraschung. Indische Musik beeinflusste Led Zeppelin von Anfang an. Auf „Black Mountain Side“ [Instrumentalstück auf Led Zeppelin I, Anm.] habe ich das mit einem Tabla-Player ja bereits vorgezeigt. Es war ein Traum für mich, mit Musikern aus dem Herzen dieser Einflüsse zu arbeiten. Als wir von einer Australien-Tour zurückkamen, gingen wir nach Bombay, um mit Filmmusikern zu arbeiten, klassisch trainierte Musiker, die auch Sessionmusiker waren. Ich wollte mit ihnen arbeiten, mit einer Akustikgitarre reinkommen und eine musikalische Konversation betreiben, um zu sehen, ob es möglich sei, diese westliche Musik mit indischer Musik zu kombinieren. Ich hatte einen Übersetzer, er war kein Musiker – und ich erklärte ihnen die Sachen, sang es ihnen vor. Ich dachte schon beim Schreiben der Platte an indische Musik, und wollte dann eben nach Bombay gehen. Es war ein Experiment, Robert kam mit mir mit – und es war einfach wirklich gut, so inspirierend mit ihnen zu arbeiten.
Ihre Gitarrenparts haben kompositorisch oft etwas Klassisches, ich denke da an die Schichtungen, Dynamiken und Abfolgen. War klassische Musik ein Einfluss für Ihre Komposition?
Ja, und das hat damit zu tun, warum ich überhaupt Musiker wurde. Warum ich eine Akustikgitarre in die Hand nahm, dann später eine E-Gitarre. Ich war davon besessen: davon, wie die Texturen funktionieren, wie Dinge im Wechselspiel zwischen Stimme, Gitarre und Bass funktionieren. Mein Geschmack war immer vielfältig, ich habe mich nicht nur, sagen wir, für den Blues, Country Blues, City Blues oder B.B. King interessiert. Ich war hungrig auf so viele Weisen, und so kam Flamenco dazu, klassisches Gitarrenspiel… nicht, dass ich all diese Stile spielen konnte, aber ich interessierte mich dafür. Auch für indische Musik, dafür, wie man Töne ziehen konnte, ähnlich wie man das auf der elektrischen Gitarre im Blues tun konnte. All das. Und die Schichtung von klassischer Musik, ja. Das war für mich absolut wichtig. Egal ob das jetzt traditionellere klassische Komponisten wie Bach oder Beethoven waren oder in die Bereiche von Mahler, Penderecki, modernere Komponisten, atonaler Musik ging . Ich war von so vielen Arten und Genres wirklich bewegt. Ich habe alles aufgesaugt, was mir gefallen hat. Und so ist meine Arbeit eben eine Reflektion von all dem, das Komponieren, die Konstruktion von den verschiedenen Teilen, das Produzieren. Wenn es mir gefallen hat, wollte ich mehr und mehr davon aufsagen.
Sie haben mit der Wiederveröffentlichung des Backkatalogs ja einen wahren Promo-Marathon hinter sich, mussten auch vielerorts über die alten Fragen über Mythen und Gerüchte reden…
(unterbricht) Ich sage es mal so: Was ich in meinem Leben getan habe, ist Musik zu machen. Ich wollte einen Unterschied für die Leute machen, sie etwas fühlen lassen, sie inspirieren, wie mich damals Leute inspiriert haben. Darin bin ich involviert: Musik. Worin ich nie involviert war: Seifenopern. Dafür habe ich mich nie interessiert. Ich schaue auch keine Seifernopern, ich kenne mich da also auch gar nicht aus. Ich bin ja schließlich Musiker.