Jenni Zylkas Typewriter: Krieg und Frisur
Das Porto wird teurer, der Bob bleibt im Trend - es steht zu befürchten, dass 2016 die Nachrichten nicht ausgehen
Neues Jahr, neues Glück: So sagt man. Checken wir mal, wie der Januar 2016 wird.
Horoskop
Mond im fünften Haus, Seitenflügel, zweiter Stock.
Sternzeichen Waage wechselt auf die Goldwaage.
Letzter Monat im Jahr des Schafes, danach übernimmt der Feueraffe.
Jubiläen
25 Jahre Operation Desert Storm im Zweiten Golfkrieg. Alliierte fliegen Luftangriffe auf den Irak.
50 Jahre Absturz eines mit Atomwaffen bestückten US-Bombers über Spanien nach einem Zusammenstoß mit einem Tankflugzeug. Und keines der beiden Flugzeuge wurde abgeschossen! Noch 2004 stellte man auf den Feldern des kleinen Küstendörfchens Palomares hohe Radioaktivität fest, und im Oktober 2015 wurden 50.000 Kubikmeter verseuchte Erde aus Spanien in die USA transportiert und dort endgelagert.
60 Jahre Frank-Walter Steinmeier. Er will konzentriert militärisch gegen den IS vorgehen.
70 Jahre David Lynch. Er ist Regisseur und Anhänger der Transzendentalen Meditation und müsste somit regelmäßig das Yogische Fliegen üben. Darüber könnte man sich natürlich lustig machen, denn es sieht wirklich bekloppt aus. Aber sich über anderer Menschen Glauben und Weltanschauungen zu erheben hat bislang nur Stress und Tote gebracht. Darum gilt für das Yogische Fliegen, was auch für das Christentum, den Islam, das Judentum, den Buddhismus, den Hinduismus, alle Sekten und alle Musikgeschmäcker gelten sollte: Ab ins Private! Und nicht in die Grundlagen für gesellschaftliche oder politische Entscheidungen, geschweige denn in die Namen von Parteien. Man wählt ja auch keinen Beatles-Fanclub an die Regierung, sondern trifft sich privat mit denen zum Beatles-Quiz-Lösen und Bootlegs-Vergleichen. Nur Idioten nennen ihre Partei oder populistische Organisation nach ihrem Glauben oder haben schon im Namen ein „gegen“.
85 Jahre Caterina Valente. Sie spricht sechs Sprachen fließend, hat in zwölf Sprachen Songs aufgenommen, kann Bossa nova genauso gut wie Walzer und wäre insofern vielleicht gar nicht schlecht als singendes Gegenbeispiel für das angeblich gescheiterte Multikulti.
Besonders ärgerliche Neuheiten und was dennoch Gutes aus ihnen resultiert
Briefe kosten ab dem 1.1. des Jahres 0,70 €. Aber es gibt auch neue 0,08-€-Ergänzungsmarken, und wie sagt doch Francis McDormand in „Fargo“, als ihr Mann, ein Illustrator, sich beschwert, er habe nur die 3-Cent-Briefmarke neu gestalten dürfen und die brauche man ja nie: „For Pete’s sake! Whenever they raise the postage, people need the little stamps!“ Also freut sich hoffentlich der Illustrator der 8-Cent-little-stamp darüber.
Eltern müssen für das Kindergeld ab Januar 2016 zusätzlich zu ihrer eigenen auch die steuerliche Identifikationsnummer ihrer Kinder angeben. Andererseits hat das Eintragen von Zahlen in genau die richtige Anzahl dafür vorgesehener Kästchen auch etwas Beruhigendes, das einen von den vielen verwirrenden Ausfüllversuchen beim Rest des Papierkrams ablenkt. Übrigens gibt es auch zwei Euro mehr pro Kind, das öffnet natürlich ganz andere Türen. Aber nicht alles auf einmal ausgeben!
Der Bob bleibt 2016 Trendfrisur, gähn. Und zwar in „natürlichen Blondtönen“ oder „saftigem Schokoladenbraun“, gähn, gähn. Aber dazu werden bestimmte Haarpartien um Nuancen der Grundfarbe heller und dunkler gefärbt, und das sieht zwar nicht gut aus, aber die Friseure haben wieder viel zu tun, und: Was Friseure können, können nur Friseure.
Ob man es nun eine „neue Art von Krieg“ oder ganz anders nennt – dass jeder Tag gerade neue Schrecklichkeiten bringt, wird sich auch im Januar nicht ändern. Aber … aber … nein, daraus resultiert absolut nichts Gutes. Rein gar nichts. Medienpsychologen nennen das neuerdings zwar „mediale Schieflage“ und meinen damit, dass durch den 24 Stunden am Tag aktualisierten Nachrichtenüberfluss ein falsches Bild von der Welt entstehen könnte. Aber das ist kein Grund wegzuhören. Zwischendurch mal etwas anderes lesen ist jedoch trotzdem erlaubt.
Wäre ja noch schöner.