Jeff Tweedy
Liegt das Musikbusiness tatsächlich in den letzten Zügen?
Sieht ganz so aus, u nd es macht mich nicht mal traurig. Die meisten Labels können sich vor den Bands, denen sie angeblich dienen, nicht wirklich rechtfertigen. Warum kassieren sie den Löwenanteil vom Preis eines Albums? Was tun sie dafür? Als Wilco sich von Warner Bros trennten — damals ja gezwungenermaßen—, war das eine Gelegenheit, unsere Ideale zu überprüfen. Ich möchte für Leute spielen, solange welche kommen. Das Ziel war nie, Geld zu machen oder Plastikscheibchen zu verkaufen.
Das letzte Album heißt „Sky Blue Sky“. Ist der Titel so optimistisch gemeint, wie er klingt?
Mir gefällt die Zweideutigkeit. Ich muss immer daran denken, wie blau der Himmel am n. September war. Ich habe den naiven Glauben, dass die Menschen, wenn die Dinge nach und nach schlimmer werden, irgendwann aufwachen und sich mehr in ihren jeweiligen Gemeinschaften engagieren. Was die Politik betrifft, bin ich wenig optimistisch, und ich glaube keine Sekunde lang, dass alles wieder gut wird, wenn Bush weg ist.
‚Welche Hoffnungen hast du für die Zukunft deiner Kinder?
Meine Kinder gehen auf eine Montessorischule. Da kannst du Hoffnung sehen. Die gucken sich viele Probleme ganz direkt an, Umweltschutz etwa, und die Kinder erschreckt das nicht, die wirken interessiert und engagiert. Denen ist klar, dass sie da eine große Aufgabe vor sich haben. Unsere Generation dagegen wurde nicht gefordert. Der n. September? Geht bitte weiter einkaufen.
Kann Musik noch unser Leben verändern? Musik scheint mir so nötig zu sein wie immer. Und sie hat absolut die Macht, einen zu verändern. Das steckt einfach in uns drin, wahrscheinlich gibt es eine chemische Formel dafür. Man will angesichts der täglichen Probleme den Kopf nicht in den Sand stecken, aber man braucht einen Ausgleich, man muss sein eigenes Land finden, den eigenen inneren Staat. Mir hilft Musik dabei – und das ändert sich nicht, nur weil das Musikbiz in Schwierigkeiten steckt.