Janus Friis – Ins Land der Ströme
Er erfand Skype und die Tauschbörse KaZaA, jetzt steigt Unternehmer Janus Friis auch noch in die Musikbranche ein. Warum nur?
Wenn Unternehmer aus der Weltspitze in eine junge Branche einsteigen, ist das ein Signal. Deshalb ist Rdio (www.rdio.com) eben nicht nur ein neuer gebührenpflichtiger Musik-Streaming-Service, wie es schon zu viele zu geben scheint – es ist das Projekt von Janus Friis und Niklas Zennström, dem Dänen und dem Schweden, die in den Nuller-Jahren erst mit der Tauschbörsen-Software KaZaA, dann mit dem Telefonier-Programm Skype zu Internet-Superstars (und Millionären) wurden. 2006 nahm das „Time“-Magazin sie in die Liste der 100 wichtigsten Menschen der Welt auf. Zum deutschen Launch von Rdio sprach Janus Friis, 35, in Berlin mit uns.
Janus Friis, es gibt schon so viele Streaming-Dienste, von Simfy bis Deezer. Sie kommen jetzt mit Rdio – warum sollte man ausgerechnet den abonnieren?
Weil wir glauben, dass es der beste ist! Aber zugegeben: Wenn man vergleicht, was die verschiedenen Dienste so können, merkt man, dass sie sich alle sehr ähneln. Der Wettbewerb hat nun mal eben erst begonnen. Weil die Technologie und das Lizenzengeschäft erst jetzt an dem Punkt sind, an dem es richtig losgehen kann.
Eine Situation wie 2003, als Sie mit Skype starteten?
Auch damals gab es einen unglaublichen Wettbewerb. Sogar MSN Messenger hat eine Voice-Funktion, und das Programm war extrem weit verbreitet. Die Leute fragten uns: „Seid ihr denn irre, dasselbe ein zweites Mal auf den Markt zu bringen?“ Am Ende gab uns der Erfolg recht.
Rdio ist eben erst in Deutschland gestartet, zwei Jahre nach Amerika und Australien. Hat das damit zu tun, dass sich im Dezember 2011 der deutsche IT-Bundesverband BITKOM und die GEMA endlich auf die Tarife für Musik-Streamings geeinigt haben?
Mit dem GEMA-BITKOM-Zeug kenne ich mich nicht aus, die Deals machen andere für uns. Der Hauptgrund für den Start sind natürlich die 82 Millionen Leute, die wir ansprechen können. Deutschland ist ein gewaltiger, großartiger Markt.
Aber nicht alle sind so begeistert von Streaming-Diensten wie Sie. Einige große Bands wie Coldplay lehnen es ab, dort vertreten zu sein – weil sie finden, dass es sich für derart minimale Erträge nicht lohnt, sich das Geschäft mit Downloads und CDs kaputtzumachen.
Ich bewundere diese Leute für ihre Ehrlichkeit! Wenigstens beschönigen sie ihre Gründe nicht. Und ich kann es verstehen: Im Moment ist iTunes noch der größte Player im Musikbereich. Aber ich glaube, das wird sich bald ändern. Spätestens, wenn Rdio oder Spotify groß genug sind, um für die besagten Bands richtig interessant zu werden. Aber es sind ja nur wenige – die meisten sind dabei.
Wäre es denkbar, dass Rdio sich irgendwann für viel Geld das Recht kauft, das neue Album einer Megaband einen Monat lang exklusiv zu streamen?
Im Kleinen gibt es solche Aktionen schon. Das neue Album der in Amerika bekannten Band O.A.R. hatten wir eine Woche lang exklusiv. Aber wenn man es im großen Zusammenhang sieht, ist es für die Kunden natürlich nicht optimal. Der Witz am Streaming-Service ist doch, dass man wirklich alles findet.
Bei den ersten Streaming-Diensten, die Sie konzipiert haben, ging es weniger um Musik, mehr um TV und Video.
Bei KaZaA zum Beispiel ging es schon vor allem um Musik … (lacht)
Sie geben zu, dass Sie bei der Entwicklung der Tausch-Software vor allem daran gedacht haben, dass die Leute MP3s tauschen würden?
Das war nur einer von vielen Gedanken. Als wir KaZaA entwickelten, war Napster noch am Netz, und da ging es nur um Musik. Deshalb dachten wir, es müsse doch ein universeller einsetzbareres Filesharing-Programm geben. Das war 2001 meine erste Erfahrung als junger Unternehmer, plötzlich benutzten Hunderte von Millionen Menschen weltweit unser Produkt. Eine tolle Sache.
Haben Ihr Partner Niklas Zennström und Sie schon damals vermutet, dass Downloads bald überholt sein würden?
Darüber sprachen wir. Wir wohnten in Amsterdam, hatten die besten Ideen am Küchentisch. Wir führten praktisch einen unendlichen Dialog miteinander, wie wäre es damit, können wir nicht das mal probieren? Aber für Streaming-Dienste war die Welt einfach noch nicht bereit. Viele Leute hatten noch Analog-Modems, und an mobile Breitbandverbindungen war überhaupt nicht zu denken.
Wegen KaZaA wurden Sie von der Musikindustrie verklagt, jetzt sitzen Sie mit denselben Leuten an einem Tisch. Sie waren gut vorbereitet auf langwierige Rechtedebatten.
Solche Lizenzvereinbarungen dauern immer ihre Zeit. Mit Rdio haben wir ungefähr ein Jahr gebraucht – wenn man neu in ein Business einsteigt, ist das eine sehr kurze Zeit.
Erinnern Sie sich noch an das Leben mit der nicht-digitalen Musik?
Ich war nie ein besonders interessierter Musikhörer. Ich weiß noch, dass ich ein Album des dänischen Stars Kim Larsen hatte. Aber das hat wahrscheinlich jeder Däne.
Wann haben Sie Ihre letzte CD gekauft?
Ich könnte zwar schnell etwas erfinden, aber: Nein, weiß ich nicht mehr.