Janis Joplin: Leben und Tod der Hippie-Legende

Janis Joplin prägte die 1960er-Jahre und wurde Teil des legendären „Club 27“. Am 19. Januar wäre sie 80 Jahre alt geworden. ROLLING STONE erinnert an die unvergleichliche Sängerin.

Von allen Musikerinnen und Musikern der 1960-Jahre verkörperte niemand den tumultartigen und teils selbstzerstörerischen Geist der Zeit so sehr wie Janis Lyn Joplin. Sie wurde als das älteste von drei Kindern im texanischen Port Arthur geboren, einer schmutzigen Küstenstadt an der Grenze zu Louisiana. Als Janis jung war, gewann ihre Mutter ein Gesangs-Stipendium, jedoch lehnte sie es für einen Job in der Administration an einem örtlichen College ab. Ihr Vater ermutigte Janis, so viele Bücher wie möglich zu lesen. Aus dieser Förderung entwickelte sich Janis Joplins Sensibilität und ihre Liebe zum geschriebenen Wort. Belesen und sensibel zu sein, war allerdings kein Merkmal, das einem jungen Mädchen dazu verhalf, sich in einer trübseligen Arbeiterstadt wie Port Arthur wohl zu fühlen.

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Schnell fühlte sie sich fehl am Platz. Als Teenagerin kämpfte Janis Joplin mit einer Vielzahl lähmender Unsicherheiten, angetrieben von ihrer pummeligen Erscheinung, ihrer von Akne geplagten Haut und ihren büscheligen, ungezähmten Haaren. Die beinahe unausweichliche Konsequenz: Unpopularität bei ihren Klassenkameraden und sämtlichen Kindern in ihrem Alter. Sie entschied sich für den Weg des Aneckens. Harte Sprache, harte Gesten, dazu Alkohol und Zigaretten. Bei älteren Jungs verzeichnete sie damit Erfolg, doch die Fronten unter ihren Altersgenossen verhärteten sich nur noch mehr. Janis Joplin suchte nach Akzeptanz.

Janis Joplin mit Tina Turner

Hinaus in die Welt

Obwohl sie es anfänglich keineswegs genoss, in der Öffentlichkeit zu singen, trat sie noch während ihrer Schulzeit dem Kirchenchor der lokalen Gemeinde bei. Neben der Musik und der Literatur pflegte Janis Joplin früh eine ausgeprägte Leidenschaft für die Malerei. Nach dem Abschluss der Thomas Jefferson High School im Jahr 1960 schrieb sie sich für ein Kunststudium am Lamar College in Beaumont, Texas, ein. Janis reiste oft in das nahe gelegene Louisiana, um Blues-Cover-Bands zu hören. Sie hörte zudem Musiker wie Leadbelly, Bessie Smith, Odetta und Big Mama Thornton. Diese Blues- und Folk-Künstler waren es, die den fruchtbaren Boden bereiteten, in den Janis‘ Wurzeln schließlich eindringen sollten.

Bereits 1961 wurde Janis rastlos und verließ das College. Sie erkundete die Musikszenen in Los Angeles und Houston, bevor sie 1962 schließlich zurück nach Texas zog, wo sie sich in der Hauptstadt und dem Musik-Mekka Austin niederließ. Janis schrieb sich an der University of Texas ein und trat gelegentlich in kleinen Bars und Restaurants auf. Obwohl sie ihr Studium an der University of Texas nicht abgeschlossen hatte, wohnte sie dort in einem Gebäude, das allgemein als „The Ghetto“ bezeichnet wurde. Es war eine verlassene Armeekaserne aus dem Zweiten Weltkrieg, in dem sich früher oder später die Außenseiter der Universität wiederfanden – für eine Miete von 40 Dollar im Monat.

California Dreaming

Während der Zeit in Austin traf Janis schließlich auf Chet Helms, dem sie nach San Francisco folgte. 1963 galt der Stadtteil North Beach als die Antwort der Westküste auf Greenwich Village in New York City. Erneut sang Janis Joplin in Bars und Kaffeehäusern, oft begleitet von ihrer Autoharp, einer amerikanischen Version der Zither, die häufig im Bluegrass und Country Verwendung findet. Sie tat es jedoch nicht nur aus Spaß an der Sache. Zum einen war Janis ohnehin finanziell nicht auf Rosen gebettet, zum anderen musste sie zusehen, ihre zunehmende Faszination für Drogen finanziert zu bekommen. 1964 war ihre musikalische Karriere ins Stocken geraten, der Drogenkonsum war dafür in vollem Gange. Sie fing an, Methedrin zu nehmen, häufig trank sie 80-prozentigen Alkohol. Janis war nicht in der Lage, mit diesem Lebensstil umzugehen. In der Hoffnung, ihre wachsende Sucht zu überwinden, zog sie zurück nach Port Arthur.

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Helms, mittlerweile ein umtriebiger Musikpromoter, ließ nicht lange auf sich warten und holte Janis nach kurzer Zeit wieder nach San Francisco zurück. Dort macht er sie mit der Band Big Brother an the Holding Company bekannt, mit deren Mitgliedern und Anhängen sie fortan in einem gemieteten Sommerhaus in Haight Ashbury zusammenlebte. Gemeinsam arbeiteten sie an ihrer Show und spielten erste Live-Shows in der Umgebung. Ihre Qualität sprach sich schnell herum, sodass Big Brother and the Holding Company zur Hausband im Avalon Theater wurden. Ebenso schnell fiel Janis in ihre alten Gewohnheiten zurück. Drogen und Alkohol waren fester Bestandteil ihres Alltags.

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Monterey

Im August 1967 begann für Janis Joplin der endgültige Aufstieg als Musikerin. Es war der Sommer des Monterey Pop Festival. Janis, die in ein samtiges Outfit gekleidet und von Kopf bis Fuß mit Perlenketten behangen war, begeisterte die Menge mit ihrer sexuell aufgeladenen Interpretation von „Ball and Chain“. Die Legende der Janis Joplin war geboren. Mit der Aufmerksamkeit stiegen die Gagen. Letztlich trennte sich Janis mit ihrer Band von Chet Helms und setzte mit Albert Grossmann einen der führenden Akteure im Musikbusiness jener Zeit als den neuen Manager von Big Brother and the Holding Company ein. Aus finanzieller Sicht war dies sicherlich ein kluger Schachzug. Grossmann organisierte einen lukrativen Plattenvertrag mit CBS/Columbia Records, die das Debüt-Album der Band veröffentlichten. Die Platte verkaufte sich gut, doch Janis war nicht zufrieden – vor allem wegen der schlechten Kritiken, die die Band in der Presse erfuhr.

Nach nur zwei Alben mit Big Brother and the Holding Company („Cheap Thrills“ erschien 1968 und verkaufte sich noch deutlich besser als dessen Vorgänger) verließ Janis Joplin die Band und gründete die Kozmic Blues Band. Gemeinsam nahmen sie das Album „I Got Dem Ol‘ Kozmic Blues Again Mama“ auf, auf dem der Hit „Try (Just a Little Bit Harder)“ enthalten war. In der kurzen Existenz der Band spielte sie unter anderem auf dem Woodstock Festival 1969 und das einzige Deutschland-Konzert in der Jahrhunderthalle in Frankfurt am 12. April desselben Jahres.

Woodstock 1969

Dämonen

Trotz ihres gewonnenen Ruhmes ließen sich Janis‘ Unsicherheiten nicht unterdrücken. Abhilfe schafften ihre beiden alten Bekannten: Drogen und Alkohol. Whiskey und Heroin waren dabei die Substanzen ihrer Wahl. Zwischenzeitlich konsumierte Janis Joplin Heroin im Wert von 200 Dollar pro Tag, zusätzlich zu Amphetaminen und Barbituraten. Zu allem Überfluss infizierte sie sich außerdem mit der Geschlechtskrankheit Gonorrhö, besser bekannt als Tripper. Janis griff immer wieder auf Methadon zurück, um die Heroinabhängigkeit zu überwinden – ohne den gewünschten Effekt zu erzielen.

Zu Beginn der 1970er-Jahre litt Janis unter den Folgen von Drogenmissbrauch, Tripper und Alkoholismus. Sie gründete eine neue Band, Full Tilt Boogie, mit der Hoffnung, ihren bisherigen Erfolg wieder aufleben zu lassen. Sie harmonierten hervorragend und begannen im September 1970 damit, die Songs für das geplante Album „Pearl“ in Los Angeles aufzunehmen. Die Sessions fanden in den legendären Sunset Sound Studios unter der Leitung von Paul Rothchild statt, der vor allem für seine Zusammenarbeit mit The Doors bekannt war. Ihr letzte öffentliches Konzert spielten sie wenige Wochen zuvor in Cambridge, Massachusetts vor 40.000 Fans.

Der Tod im Landmark Hotel

Während der Aufnahmen zu „Pearl“ checkte Janis Joplin im Landmark Hotel in Hollywood ein. Am 3. Oktober 1970 waren die Sessions fast abgeschlossen, bei denen sich Janis in vielen Bereichen einbrachte und über ihre Funktion als Sängerin hinaus häufig die Zügel in der Hand hielt. Sie war der Boss. Um sich die bereits aufgenommene Instrumental-Version von „Buried Alive in the Blues“ anzuhören, fuhr sie an diesem Tag einmal mehr in die Sunset Sound Studios. Ihre Gesangsaufnahmen waren für den Folgetag angesetzt. Es sollte nie dazu kommen. Am Abend des 3. Oktober nahm sie einige Drinks in der Bar Barney’s Beanery am Santa Monica Boulevard, um darauf zum Landmark Hotel zurückzukehren und dort wiederholt Heroin zu konsumieren.

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Am 4. Oktober wunderte sich Paul Rothchild darüber, dass Janis nicht zur vereinbarten Uhrzeit im Studio auftauchte. In Sorge versuchte er, sie telefonisch im Hotel zu erreichen, doch sie nahm den Hörer nicht ab. John Cooke, der Tour-Manager von Full Tilt Boogie, machte sich auf den Weg zum Landmark Hotel, um nach Janis zu sehen. Ihr psychedelisch bemalter Porsche stand vor dem Gebäude, als Cooke in die Einfahrt fuhr. Wenige Minuten später bestätigten sich die Befürchtungen: Janis Joplin wurde tot in Zimmer 105 aufgefunden. Sie lag neben ihrem Bett, aus dem sie bewusstlos gefallen war. Der Gerichtsmediziner Thomas Naguchi stellte eine akute Morphin-Vergiftung als Todesursache fest, ausgelöst durch eine Überdosis Heroin. Erst zwei Wochen zuvor war Jimi Hendrix verstorben.

Janis Joplin mit ihrem berühmten Porsche.

Ein verhängnisvoller Fehler

Janis‘ Dealer war dafür bekannt, extrem vorsichtig zu sein. Er beschäftigte einen eigenen Chemiker, um die Reinheit seiner Ware zu messen. An diesem schicksalhaften Wochenende im Oktober 1970 war jener Chemiker allerdings nicht in der Stadt. Anstatt die lockenden Gewinne des Wochenendes zu verpassen, streckte der Drogenhändler das Heroin selbst. Durch seine fehlenden Kenntnisse endete er mit einem Ergebnis, das im vergleich zur üblichen Lieferung deutlich stärker war. Zu stark für viele seiner Kunden. Berichten zur Folge starben neben Janis Joplin an diesem Wochenende sieben weitere seiner Kunden an einer Überdosis.

Ein Fest zum Abschied

In Übereinstimmung mit ihrem Testament wurde Janis‘ Leichnam im Pierce Brother Westwood Village Krematorium eingeäschert. Ihre Asche verstreuten enge Freunde und Angehörige entlang der nordkalifornischen Pazifikküste nahe Stinson Beach. Ein weiterer ihrer letzten Wünsche wurde ebenfalls erfüllt: Sie hatte veranlasst, dass 2.500 Dollar für ihre eigene Totenwache bereitgestellt werden sollten, bei der The Grateful Dead und andere Künstler für Unterhaltung sorgten. Die Feier fand im Lion’s Share in San Anselmo statt. Die Einladungen, die an rund 200 besondere Gäste verschickt wurden, trugen die Aufschrift: „Drinks are on Pearl“.

Amalie R. Rothschild
Clayton Call

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