James Blake beim Lollapalooza: Eiskalte Melancholie mit wuchtigen Bässen
Der Elektrokünstler stellt die Songs aus seiner neuen Platte „The Colour In Anything“ vor und hat - natürlich! - die minimalistischste Bühnen-Show des ganzen Festivals.
James Blake hat es nicht einfach: Der sonnenlichtscheue Brite hat das für ihn zweifellos anstrengende Vergnügen, am Nachmittag auf der Mainstage aufzutreten und gegen die untergehende Sonne anzukämpfen. Zuweilen läuft ihm der Schweiß über das Gesicht – was ganz sicher nicht an seinem energischen Körpereinsatz liegt.
Gewohnt zurückhaltend sitzt der Songwriter nämlich an seinen Geräten und drückt konzentriert darauf herum. Wenn das Leuchten und die Eleganz einer Bühnenshow der Indikator für die Magie eines Live-Auftritts wäre, dann hätte der stoische Blake schlechte Karten. Dafür freut er sich diebisch, dass er ganz sicher die fettesten Bässe von allen Musikern auf dem Lollapalooza-Festival im Programm hat.
Minimalistische Bühnenshow
Auf der Bühne muss die komplexe Produktionsfülle seiner Alben – die auf seiner neuen Studioeinspielung „The Colour In Anything“ hörbar mehr Freiräume und auch auch eine gute Portion R&B-Schwulst erhalten hat – mit zwei Musikern nachgespielt werden. Das gelingt nicht immer überzeugend, wirkt manchmal sogar etwas träge, gerade auch was die Schlagzeugbegleitung angeht. Die Post-Dubstep-Sounds finden trotzdem ihren Weg zum entzückten Publikum, schweben freimütig wie in „Timeless“, einem der schönsten Songs der neuen LP. Oder sie geraten anheimelnd-derbe wie in dem bezwingenden, aufs Wesentliche reduzierte Feist-Cover „Limit To Your Love“. Allein deswegen hätte der Besuch gelohnt.
Natürlich kommen hier keine Laptops zum Einsatz, wie Blake einmal stolz erzählt. Hätte er allerdings gar nicht sagen müssen. Viel hat der 27-Jährige, der aussieht als würde er in einem Start-Up-Unternehmen im Silicon Valley arbeiten, darüber hinaus aber nicht mitzuteilen. Braucht er auch nicht, denn der Sänger exponiert sich introvertiert über seine Songs, verstärkt das Leiden an der eigenen Liebesunfähigkeit („The Wilhelm Scream“, „Modern Soul“) mit seiner wimmernden Stimme. Das ist Effekthascherei genug.
Leidenschaftslose Melancholie
Trotzdem will man Blake, gerade live, die Emotionen nicht so leicht abkaufen, die er aufzurufen versucht. Möglicherweise liegt es daran, dass einem selbst die depremierende Erfahrung, den Zwängen des eigenen Narzissmus ausgeliefert zu sein, nahegehen muss. Tut es das aus irgendeinem Grund nicht, dann bleibt Blakes Melancholie nur eine leere Hülle.