Jack White: Ein Hausbesuch bei Third Man Records und „Blunderbuss“ im Stream
US-Kollege Austin Scaggs besuchte Jack White in seinem Büro im Third Man Records Headquarter und sprach mit ihm über das Solodebüt "Blunderbuss" und die anstehende Tour. Das Album, das am Freitag erscheint, gibt es bereits im Stream.
Im plüschverzierten Komplex von Third Man Records in Nashville findet man an einer Bürotür das kleine silberne Schild: „JOHN A. WHITE, III, FAMILY DENTISTRY“. Im Büro dahinter sitzt Jack White an einem zugemüllten Ecktisch. Er blickt verschlafen auf, saugt lautstark an einem Hustenbonbon und entschuldigt sich wiederholt für sein häufiges Räuspern. In der Nacht zuvor hat er, nur wenige Schritte entfernt, den dritten Geburtstag seines Labels mit seiner ersten kompletten Show als Solokünstler gefeiert und dabei einige Kracher seines neuen Albums „Blunderbuss“ gespielt – gemischt mit ausgewählten Stücken aus dem Oeuvre der White Stripes, der Raconteurs und Dead Weather. „Ich habe der Versuchung immer widerstanden, Solokünstler zu werden“, sagt White. „Ich dachte, das sei bloß eine blöde, langweilige Entscheidung, eine Konsequenz des Showbiz. Ein Beweis, dass kein Künstler weiß, was er mit sich anfangen soll. So nach dem Motto: Du bist in einer berühmten Band, dann kommt die Solokarriere und dann stirbst du irgendwann.“
Bis zum vergangenen Sommer lag Whites Priorität darin, 7″-Singles für Third Man Records zu produzieren – mit solch unterschiedlichen Künstlern wie Insane Clown Posse, Tom Jones, JEFF The Brotherhood und Stephen Colbert. In der Zeit zwischen diesen Sessions, begann White dann im Studio an eigenen Demos zu arbeiten. Je mehr er sich in sein Soloschaffen vertiefte, desto mehr experimentierte er mit ungewöhnlichen Techniken. „Ich nahm mir zum Beispiel vor: Heute rufe ich nur weibliche Musiker an – und morgen nur männliche.“ Schließlich hatte White zwei nach Geschlechtern getrennte Backingbands – Drummer Daru Jones, der White überzeugte, als er mit Rapper und Produzent Black Milk in Nashville auftrat, steht der Dude Band vor, während Drummerin Carla Azar von der Artrockband Autolux die Ladies‘ Unit um sich versammelt. „Die Session zu ‚Love Interruption‘ war unheimlich inspirierend“, sagte Ruby Amanfu, die dabei allen die Show stiehlt mit ihren Backinggesang zum langsam rollenden, morastigen Groove des Songs. „Unser Mikrofone standen direkt nebeneinander und wir haben es live eingesungen.“
Beide Backing-Abteilungen werden White im Frühjahr auf seiner Tour begleiten, die am 15. Mai in Nashville startet. „Ich werde mich jeden Morgen beim Frühstück neu entscheiden, welche Band spielen wird“, sagt er. „Die Band wird es nicht wissen, ich werde es nicht wissen, die Presse und die Fans werden es nicht wissen – bis zu dem Moment, wo die Show beginnt. Das hält den Energielevel für alle Beteiligten hoch.“ Jede Band hat rund 40 Songs aus Whites Backkatalog geprobt. „In manchen Nächten habe ich mit Kopfhörern geschlafen, mit den Songs auf Repeat“, sagt Amanfu. White weigert sich zudem, Setlists zu verwenden. „Es gibt nichts langweiligeres, als einen Solokünstler, der sich eine Band sucht, die exakt so klingt, wie seine CD“, sagt White. „Erschießt mich bitte, wenn ich jemals so einen Scheiß machen sollte.“
Konzertbesucher dürfen eine gesunde Portion White Stripes-Classics erwarten. Viele davon hat er noch nie ohne Meg White gespielt. „Alles, was ich jemals geschrieben haben, steht für die Shows zur Auswahl“, sagt White. Die Stripes hatten sich offiziell im Februar 2011 aufgelöst, obwohl sie seit 2009 nicht mehr live gespielt hatten. „Es war notwendig, die Auflösung offiziell bekanntzugeben, um mich als Solokünstler zu positionieren“, sagt White. „Ich wollte mich nicht mit Leuten herumschlagen, die zu dämlich sind, den Unterschied zu erkennen.“
Im vergangen Jahr feierten Jack White und Model Karen Elson ihre freundschaftliche Scheidung mit einer Party in ihrem Haus in Nashville. White hat zwei Kinder und wird deshalb nur sporadisch touren – wobei er nicht länger als einen Monat im Voraus planen will. „Es ist der reinste Zirkus“, sagt White. „Das ist immer so. 24 Stunden am Tag. Ich habe mich dem, was ich tue, schon vor vielen Jahren ausgeliefert. Ich bin nun in dem Zustand, das ich komplett unrelaxt bin. Und auch wenn das negativ klingen mag, ist es das überhaupt nicht. Nichts ist schlimmer als ein zufriedener Künstler.“
>>>> Hier geht’s zum freien Albumstream von „Blunderbuss“ (iTunes erforderlich)
Jack White live – präsentiert von ROLLING STONE:
26.06. Berlin – Tempodrom
27.06. Köln – E-Werk
05.07. Hamburg – Docks
„Sixteen Saltines“ bei Saturday Night Live:
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„Love Interruption“ bei Saturday Night Live: