Interview: Mayte Garcia will Kinder musikalisch fördern
Mit ihrem damaligen Ehemann Prince gründete Mayte Garcia eine Stiftung, durch die Kinder zu Musikern werden. Sie führt die gemeinsame Arbeit fort.
Mit ihrem „Live 4 Music“-Programm, Teil ihrer „Live 4 Love Charities“-Stiftung, will Mayte Garcia Kinder und Jugendliche musikalisch protegieren. Gegründet hatte die Choreografin und Schauspielerin die Stiftung – damals noch unter dem Namen „Love 4 One Another“ – 1996 mit Prince, mit dem sie bis zum Jahr 2000 verheiratet war. Garcia lebt mittlerweile in Las Vegas und hofft, „Live 4 Love“ über die Grenzen der USA hinaus bekannt machen zu können. Zuvor setzte sie sich mit Hilfsprojekten schon für Heimtiere, Tanzunterricht und Ernährung ein.
Mrs Garcia, bitte erzählen Sie uns von den Anfängen ihrer Stiftung.
Anfangs hieß sie „Love 4 One Another“, Prince und ich gründeten sie 1996 als Wohltätigkeitsorganisation zu meinem 23. Geburtstag. Wir erwarteten ein Kind, Amiir, und wollten unsere Liebe zu Kindern mit der ganzen Welt teilen. Es fing im Kleinen an, wir spendeten Einnahmen aus Prince‘ Konzerten oder kauften Mäntel für die Obdachlosen in Minneapolis – unabhängig davon, dass er nie zu den Stars gehörte, die groß über ihre Spenden redeten. Nach unserer Scheidung führte Prince „Love 4 One Another“ fort. Der Handabdruck als Logo der Stiftung erinnert an unseren Sohn, der kurz nach der Geburt verstarb. Nach Prince‘ Tod im Jahr 2016 erfuhr ich, dass ich sowie sein Vertrauter und musikalischer Partner Kirk Johnson noch immer im Vorstand eingetragen waren. Da Prince nicht mehr bei uns war, beschlossen wir, die Stiftung nicht als privat, sondern gemeinnützig fortzuführen, da wir Spenden sammeln wollten. Wir unterstützen Obdachlose, wir unterstützen Menschen, die das Geld für Beerdigungen nicht zusammenbekommen. Wir helfen Kindern, an bessere Nahrungsmittel zu gelangen, ihnen zu zeigen, was Obst ist.
Es gibt in den USA Kinder, die nicht wissen, was Obst ist?
Natürlich wissen sie, was eine Mandarine ist. Das heißt aber nicht, dass sie jemals eine in den Händen hielten. Ich wuchs als Kind in einer Militärfamilie auf und kann Ihnen sagen, dass frisches Obst dort keine Normalität darstellt. Ich kannte Obst auch aus der Dose. In Europa kennen alle frisches Obst, in Amerika ist Dosenobst allgegenwärtig und vor allen akzeptiert. Deshalb versuchen wir in der Stiftung auch Wissen über das Gärtnern zu vermitteln.
Welche Erfahrungen haben Sie bezüglich ihrer eigenen Förderung in Deutschland gemacht, wo Sie viele Jahre lebten?
Mit zwölf lebte ich für sechs Jahre in Deutschland, in Hainerberg bei Wiesbaden. Mein Vater wurde zum dortigen Militärstützpunkt versetzt. in Wiesbaden ging ich auf die Balletschule. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass meine Mutter dafür bezahlen musste. In den USA gibt es in öffentlichen Schulen so gut wie keine Musikförderprogramme. Als ich die Kosten für den Tanzkurs für meine Tochter sah, konnte ich das kaum glauben. Keiner kann sich das hier leisten.
In Deutschland liegt der Fokus beim Fördern weniger auf Musikprogramme als auf Sport.
Was natürlich auch gut ist. Sport und Kunst sind gute Wege für Kinder, sich auszudrücken. Ohne Tanz hätte ich nicht gewusst, wie ich den Tag überstanden, wie ich überlebt hätte. Ich gehörte, in Amerika wie in Deutschland, einer Minderheit an. Meine Eltern stammen aus Puerto Rico, ich fragte mich, was bedeutet das? Bin ich schwarz, bin ich weiß? Tanzen gab mir das nötige Selbstvertrauen. In unseren Musikkursen lernen Schülerinnen und Schüler, verantwortlich mit Instrumenten umzugehen, auch mit Frustration, wenn mal was nicht klappt. Wobei ich schon beobachte, dass vielen heutigen Kindern die Geduld fehlt, diszipliniert an einer Sache zu arbeiten.
Hatte Prince, der Autodidakt, jemals gesagt: Hätte ich doch nur Lehrer gehabt?
Er sagte, er habe nie Musiknoten gelesen oder aufgeschrieben. Aber er erkannte den Wert der Musikerziehung an, unterstützte verschiedene Musikschulen.
Zu den von Ihnen versammelten Musiklehrern zählen Darryl Jones, Randy Brecker, Shelby J und Ida Nielsen. Wie entstand die Zusammenarbeit?
Einige von ihnen entstammen der „Purple Side“, wie ich sie nenne, ich kenne sie noch aus meiner Zeit mit und nach Prince. Und vor zwei Jahren lernte ich Niels Lan Doky kennen, den Pianisten. Nun, heute sind wir verlobt! Niels tourte bereits mit Darryl Jones, und wir kamen auf die Idee, Zoom-Kurse mit prominenten Lehrern anzubieten. Aktuell bieten wir 1:1-Kurse an. Eines der unterrichteten Kinder lebt im Heim, wir lassen den den Kauf eines Instruments finanzieren.
Wer bewirbt sich bei Ihnen?
Junge Menschen aus allen Schichten. Natürlich auch viele Prince-Fans, und das ist auch schön. Ein junger Mann aus New York, ein Gitarrist, der auch tatsächlich Prince heißt. Er spielt sogar eine lilafarbene Gitarre. Das Kursangebot starteten wir vor ungefähr zwei Monaten. Wer sich bewerben will, findet dazu alle Voraussetzungen auf meiner Website. Wir hoffen, nach einiger Zeit auch ein Konzert präsentieren zu können, wo unsere Lernenden ihre Musik aufführen.
Planen Sie auch, in Europa tätig zu werden?
Ich vermisse die europäischen Festivals. Prince tourte in den 1990er-Jahren viel durch Europa. Ich weiß noch, bei einem Festival waren die Umkleideräume neben uns besetzt von A-ha. Und ich liebte A-ha! Ich wollte sie unbedingt sehen. Ich war 18 Jahre alt, und sie traten vor uns auf.
Sprechen Sie noch deutsch?
Diese Antwort gibt sie komplett auf deutsch: Ein bisschen. Ich habe vieles vergessen. Aber ich muss wohl wieder ein wenig üben. Ich habe in Deutschland viel Bauchtanz gemacht.
Bauchtanz ist als Kunstform ein wenig in Vergessenheit geraten, oder nicht?
Leider, ja. Meine Mutter hatte ihre Kurse noch auf der YMCA besucht. Heute soll Bauchtanz ja sexy sein, ich finde aber, er solle immer noch sinnlich sein. Elegant.