Immer am Draht und in der Zeit: DON WAS produziert Platten, schreibt Songs und Soundtracks und dreht nun einen Kinofilm
Don Was hat vier Stunden geschlafen. „Eine zuwenig“, sagt der Mann mit den Dreadlocks um fünf Uhr nachmittags, halb gähnend, halb lachend. Erst war er am Abend vorher in dem Hamburger Club Logo bei Wilco gelandet, die ihn „verdammt an The Band erinnert“ haben; dann dirigierte er bis in den frühen Morgen per Telefon irgendwelche Edits für irgendwas in irgendeinem Studio in L.A. Die Frage, ob er ein workaholk sei, kontert der 44jährige Bassist und Produzent mit dem Eingeständnis, eventuell „etwas mehr abgebissen“ zu haben, als er momentan kauen könne.
Tatsächlich ist das Büffet reich gedeckt für den Mann aus Detroit, der schon mit D die ersten Gigs spielte, aber erst mit 30 den ersten Plattendeal bekam; und irgendwann dazwischen erkannte, daß nur in der Musik wahrhaftige Begegnungen möglich seien. Was: „Da kann man niemanden betrügen. Ich kann mich scheinbar für eine Frau in der Bar interessieren, wenn ich doch nur eins will: Sie ficken. Nach drei Stunden Quatschen landet sie vielleicht in meinem Bett. Aber wenn es um Musik geht, offenbare ich mich schon in der ersten Minute.“ Er lacht schallend.
Und so reich, daß die Branchenbibel „Billboard“ ihn unter dem Titel „20 Years Of Making Music“ mit einem 28seitigen Special hofierte.
Einige Helden seiner Jugend – von den Stones über Brian Wilson bis zu Randy Newman – huldigten ihm darin mit mal launigen, mal blumigen Statements, ganz zu schweigen von den üblichen Business-Ergebenheitsadressen. War das nicht ein bißchen peinlich? Natürlich, sagt Was, sei ihm vorher klar gewesen, daß es vor allem darum gegangen sei, „ein Vehikel für Anzeigen“ zu schaffen. Doch sein Zynismus wich, als er das Ergebnis in Händen hielt. „Ich war überwältigt. Ich meine, es ist jedenfalls keine 20 Jahre her, daß ich mir den Billboard nicht einmal kaufen konnte.“ Was lacht wieder. Auch sei der „praktische Aspekt“ nicht zu unterschätzen. Schließlich habe er „gerade ein neues Album draußen“.
Dies, sein erstes seit sieben Jahren und dem Was (Not Was)-Abgesang „Are You Okay?“, betritt Neuland – als eine Enhanced-CD, die zehn Kompositionen und einen fast löminütigen Kurzfilm als „Forever’s A Long, Long Time“ zu einem Gesamtkunstwerk am Multimedia-Computer verschmilzt. Die Idee zur Story um einen Gambler (gespielt von Sänger Sweet Pea Atkinson) in Detroit, der während einer nächtlichen Odyssee dem Geist von Hank Williams (alias Kris Kristofferson) begegnet, kam Was, nachdem er Francis Ford Coppola kennenlernen durfte. Der bastelte gerade für den US-Musikkanal VH-1 an Kurzfilmen, die von einem Joe Jackson- und Van Morrison-Album inspiriert waren. Was: „Er zeigte mir das und ich sagte: Nun, schade, daß die Künstler damals nicht wußten, daß du diese Filme machst. Sie hätten Räume in der Musik schaffen können für deine visuellen Ergänzungen.“ Don Was reagiert auch auf die drastisch veränderten Hör- und Sehgewohnheiten. „Daß es schlechte Videos gibt, heißt ja nicht zwangsläufig, daß es auch schlecht sein muß, Musik in einen visuellen Kontext zu bringen.“ Man könne einfach nicht länger ignorieren, daß „es heute viele Kids gibt, die damit aufgewachsen sind, Musik zu sehen, nicht nur zu hören“. Auf alle Fälle sei es durchaus „eine neue künstlerische Herausforderung“. Ein fast ironisches Statement, da Was deshalb „verdammt stolz“ aufsein Baby mit dem Orquestra Was ist, weil „ich mich erstmals eben Dreck um irgendwelche Teenie-Hits geschert habe“. Was (Not Was) habe „jede künstlerische Vision“ verloren, weil „wir nur noch zu imitieren versuchten, was wir im Radio hörten“. Die nächsten Monate sind bei Don Was jedenfalls komplett ausgebucht. Ein Stones-Album und eines mit Richie Sambora kommen, dazu der Score für den nächsten Coppola-Film und sein Regiedebüt für einen Kinofilm. Ach ja, „letzte Woche“ habe er außerdem mit Willie Nelson, Ringo Starr, Leon Russell und Merle Haggaid eine neue Band gegründet, in der er den Bassisten mimt Album im August, eine Tour im Oktober. Dazwischen wird auch noch Nachwuchs erwartet.
Sieht verdammt so aus, als müßte sich der müde Mann öfter mit vier Stunden Schlaf bescheiden.