Im Schatten des Abstrahlwinkels

WIR SIND DOCH kein Computerladen!“ – empör-Kommentare wie diesen hört man zuweilen in traditionellen High-Fidelity-Fachgeschäften, die sich „Audio Concept“ oder „Klanglabor“ nennen. Es geht dabei zumeist um die wachsende Kluft zwischen versierten (bis blasierten) Soundexperten und einer Kundschaft, die (Pop-)Musik verstärkt über komprimierte Digitalformate oder auch Streams konsumiert. Stereoturm war vorgestern, jetzt wird bestenfalls der Rechner aufgerüstet. Und einmal mehr treffen in der Unterhaltungselektronik analoge und digitale Geschmackswelten aufeinander.

Damit ist auch eine Branche in einen Sturm des Wandels geraten, die es sich zwischen Kompaktanlage und Soundfetischismus gemütlich gemacht hatte. „Es ist schon lustig“, sagt Denitza Todorova, genannt Dena.“Vor 25,30 Jahren gab es diesen Hi-Fi-Standard als Maß der Dinge beim Sound. Und vor 10,15 Jahren hat sich alles digitalisiert und minimalisiert. Freude von mir bekommen Kopfschmerzen, wenn sie Songs als MP3-Dateien hören müssen, und anderseits kennen viele Kids Musikhören gar nicht mehr anders. Auch ich muss mich im Zuge des ersten Albums plötzlich mit Lautsprecher-Technik auseinandersetzen: Teste ich meine Tracks auf High-End-Geräten oder doch lieber über Schrottboxen, wie viele normale Musikhörer?“

Die Rapperin, die 2005 aus der bulgarischen Provinz nach Berlin übersiedelte, ging nach der Mitarbeit im schillernden Team von Erlend Øye ihre eigenen Wege. Mit ersten Eigenproduktionen landete sie bei der Pariser Renommier-Adresse Kitsuné, bevor sie jüngst mit Melting Pop Music in Köln auch ein deutsches Label für den Underground-Hit „Cash, Diamond Rings, Swimming Pools“ fand. „Es gibt ja diese Methode, die finalen Mixes über die Autoanlage abzuhören, um festzustellen, ob es kickt. Je beschissener die Boxen, desto größer der Indikator, dass es funktioniert. Dazu sollte man heute auch immer den Test per Laptop machen. Ohne Aktivboxen und alles. Wenn man sich vorstellt, wie viele Leute auf diese Weise heute Musik hören -eigentlich unglaublich“, sagt sie und muss lachen.

Als ehemalige Studentin der Kommunikationswissenschaften hatte Dena einst Animationen mit eigenen Sound-Loops ausgestattet und kam über das Visuelle schließlich zum HipHop. Die Bass-Tüftler von A Tribe Called Quest gehören zu ihren Lieblingsbands. Privat wechselt die Heimproduzentin von Monitorboxen der Marke Tannoy zum „Vintage“-Set Beovox 5700, das sie von einem Freund erstanden hat. „Zu Hause höre ich Vinylplatten vom Plattenspieler. Ansonsten vom Laptop mit Extra-Soundkarte, der dann mit den Monitorboxen verbunden ist. Für den Privatgebrauch, der bei mir in den Profibereich übergeht, ist das fast zu krass: Studioboxen eben, die auf jeden Fall mehr Druck haben als normale Wohnzimmer-Kisten. Zu viele Bässe für die Nachbarn.“

Dena bestreitet, dass eine Hardware-Fixierung beim Musikhören und -produzieren ein exklusives Jungsding ist; gleichwohl neigt sie bei all den Soundexperimenten nicht zu Exzessen. „Ich sehe mich da in der Mitte des Spektrums. Ich habe Freundinnen, die genauso drauf sind. Wenn etwa jemand beim Konzert Playback singt, verlassen die den Saal. Ansonsten bin ich von Leuten umgeben, die mit analogen Tape-Maschinen arbeiten. Da bilde ich als Freundin schneller, einfacher Ideen eher den Gegenpol zu all den Nerds, die immer das Allerbeste wollen. Meine elektronischen Tracks muss ich zum Glück nicht mit Tape-Maschinen aufnehmen. Aber ich weiß schon, was Qualität ist!“

Wo würde Dena in den Klang investieren, wenn ihr kommendes Debütalbum kommerziell zündet? „Boxentechnisch würde ich auf Empfehlungen aus meinem Umfeld hören. Ansonsten würde ich mir sofort ein Wurlitzer-Piano kaufen. Das ist besser als einen Monat lang über einem Snaresound zu brüten. Mir geht’s eher um gute Ideen.“

PRODUKTCHECK

VON HÖHEN UND TIEFEN

Kisten, Kugeln und Klangkunstwerke. Das Lautsprecher-Universum reicht von eher praktischen PC-Aktivboxen bis zu ausgefuchsten Hörmaschinen für allerhöchste Ansprüche. Unsere Soundgalerie enstand per Umfrage bei Händlern.

FÜR RETROMANEN

Audiorama 9000 von Grundig: Retro-Design, hängend oder aufgeständert, um 600 E

FÜR FEINGEISTER

Ultima 800 MK2 von Teufel: High End mit neutralem Stereoklang. Vielseitig optimierbar, um 3.000 E

FÜR NACHTEULEN

Playbar von Sony: Kabelloses Musik-Streaming. Nachtmodus: Klare Wiedergabe bei niedriger Lautstärke, um 700 E

FÜR FARBFREUNDE

2.1-Subwoofer von Hama: Aktive PC-Lautsprecher mit Fernbedienung, um 50 E

FÜR BASSJUNKIES

Soundbar HW-E551 von Samsung: 2.1 mit Funk-Subwoofer, Surroundsound-Effekt für Film und Musik, Bluetooth-Schnittstelle für mobile Abspielgeräte, um 450 E

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