Illusionslos, doch voller Hoffnung. Diese Haltung und eine Prise Grunge machten Idlewild aus Schottland zu Londons Darlings
Hoffnung und Melancholie im UK, neueste Episode: Die Mitglieder von Idlewild sind alle Anfang zwanzig und haben daher an die Thatcher-Ära nur blasse Erinnerungen. „Ich weiß noch, daß es mal hieß, wir müßten die Schulmilch nun selbst bezahlen“, erzählt Bassist Colin Newton. So vermieste der Neoliberalismus den Jungen die große Pause.
Dennoch – all das, und die klassenkämpferische Popmusik per se, hat für Idlewild den gleichen Stellenwert wie früher der Geschichtsunterricht. Klar wissen sie, daß die Smiths und Billy Bragg einst gegen eine böse, „eisern“ genannte Frau ansangen, aber ihre eigene Musik richtet sich gegen nichts und niemanden – außer vielleicht gegen sie selbst „Wir finden es peinlich, wenn Popmusiker sich an die Politiker ranschleimen“, sagt Idlewild-Sänger Roddy Woomble – und meint damit den Oasis-Flirt mit New Labour.
Illusionslos, aber voller Hoffnung das ist in etwa die Geisteshaltung der vier Schotten, die sich das Paradoxon Idlewild („müßigwild“) wählten, „Hope is Important“ heißt denn auch die Platte, mit der sie gestandene Journalisten in Superlativ-Exzesse verfallen ließen. Der Titel entspricht der eher melancholischen als aggressiven Musik. Klar, die Vorbilder heißen hörbar: Stooges, Nirvana, Sonic Ysuth. Nur richtet sich die Wut hier nicht nach außen. Der Staat oder „die Gesellschaft“ haben als Zielscheiben ausgedient, die Kämpfe werden eher im Privaten ausgetragen. Das macht Idlewild in ihrer Abgeklärtheit vielleicht symptomatischer für die Ära Blair, als es zunächst erscheint.
Allesamt kommen sie „aus der Nähe von Edinburgh“. Die schottischen Traditionslinien von Postcard bis Teenage Fanclub aber kennen auch sie – obwohl sie damit wenig verbindet, denn gedanklich waren sie schon immer in Seattle daheim. Auf Londons Popszene wirkten sie daher wie ein UFO: Sie spielten Grunge, sahen aber aus wie Teenies einer TV-Serie! Und sie konnten sogar richtige Melodien schreiben!
Man war ratlos, welches Label man ihnen wohl ankleben solle und schickte sie erst mal mit den Manics auf Tournee. Wie auch immer das Etikett mal heißen wird – „angry young men“ garantiert nicht Idlewild sind ’ne glückliche Band. „Wir sind glücklich, aber nicht zufrieden“, philosophiert Roddy. „Zufriedenheit wäre das kreative Ende. Nimm nur die Simple Minds. Die haben ihre Schäfchen im Trockenen, da bewegt sich nichts mehr. Zufriedenheit erstickt alles im Keim. Ich hoffe, daß wir niemals an diesem Punkt anlangen werden.“