Ihr habt „London Calling“ nicht?
Wenn die Berliner Punkrocker Beatsteakes ins Festival ziehen, freuen sie sich auf die Auftritte alter Idole - ihre eigenen Fans sind viel zu jung dafür
Hamburg, Januar 2004: Die Beatsteaks spielen ein schon seit Wochen ausverkauftes Konzert zur Veröffentlichung ihres vierten Albums „Smack Smash“. Fast droht der Ansturm den absichtlich klein gehaltenen Rahmen zu sprengen. Schwitzende Jungs und Mädchen in leicht angepunkten Outfits drängen sich vor der kleinen Bühne. Dies ist der Moment, in dem Sänger Arnim Teutoburg-Weiß und seine Kollegen auch dem letzten Zweifler am Rande des Pulks mit einem Sturm aus Punkrock und Herzblut die Skepsisfalten aus dem Gesicht bügeln.
Begonnen hat die Karriere der fünf Berliner mit Faible für drei Akkorde und britische Helden aus den Achtzigern im Jahr 1995. Das erste Demo verkaufte sich per Eigenvertrieb massenweise, zwei Jahre später dann das hardcorelastige Debütalbum „48/49“ auf einem kleinen Berliner Label. Zwischendurch spielten sie mit den Sex Pistols, Lagwagon, Faith No More und der Bloodhound Gang, und 1998 wurden sie als erste deutsche Band vom renommierten Punkrock-Label Epitaph verhaftet. Die beiden folgenden, mehr zu Rock und Melodie tendierenden Alben verkauften sich mehr als ordentlich, und spätestens seit dem Genre-Hit „Let Me In“ gehören die Beatsteaks zum festen Beschallungsarsenal aller Festival-Campingplätze, auch wenn sie ausnahmsweise mal nicht selbst auftreten.
„Wir lieben Festivals“, betont Sänger Arnim. „Touren allgemein ist schon grandios, aber Festivals sind etwas ganz Besonderes. Man trifft all die Bands, mit denen man befreundet ist oder von denen man selbst Fan ist.“ Gitarrist Bernd Kurtzke nickt: „Unser großter Traum ist das Roskilde-Festival. Da sind wir noch nie aufgetreten, das fehlt noch in unserer Sammlung.“ Berührungsängste angesichts angetrunkener Fans haben die fünf nicht „Es ist schon unglaublich, dass manche Leute stundenlang anstehen, um Autogramme von uns zu bekommen. Wir freuen uns darüber, deshalb wäre es unverschämt, plötzlich arrogante Starallüren heraushängen zu lassen“, sagt Arnim.
Einmal jedoch konnte er den Ansturm während einer Autogrammstunde nicht unkommentiert über sich ergehen lassen: „Auf der Bühne nebenan trat gerade Iggy Pop auf. Iggy Pop! Und da standen unglaublich viele Leute, die mit uns reden wollten. Das konnte ich gar nicht fassen, und ich habe gefragt: *Wisst ihr eigentlich, wen ihr da gerade verpasst?‘ und die Leute haben genickt und gesagt, dass sie unseretwegen gekommen seien. Das ist irre, da spielt eine Legende, und die Leute wollen lieber einen Händedruck und ein Autogramm von uns, als Iggy zu sehen!“
Das liegt wohl auch daran, dass viele Beatsteaks-Fans so jung sind, dass die Berliner jetzt schon für sie zu den alten Helden zählen. Es stört die Band nicht, wenn viele ihrer Anhänger The Clash vielleicht gar nicht kennen und so auch „Hello Joe“, die äußerst clashige Hommage an Joe Strummer auf dem aktuellen, sehr retropunkigen Album der Beatsteaks nicht verstehen. „Vielleicht können wir unseren Fans durch unsere Musik und die Kommunikation mit ihnen auch unsere Idole näher bringen“, hofft Arnim. Ein Grund, den Beatsteaks gutes Gelingen zu wünschen.