„Ich war nicht gerade der rebellische Typ.“

Kim Wilde war nie ein Punk, aber die Buzzcocks mochte sie trotzdem gern – Pete Shelley sah so nett aus.

Was macht ein Kind in einem Süßwarenladen? Es sucht sich die Dinge aus, die es am liebsten mag. Genau das habe auch ich für mein neues Album „Snapshots“ getan. Dabei musste ich feststellen, dass einige meiner Lieblingslieder nicht zu mir und meiner Stimme passen. Deshalb haben auch mein Bruder, meine beste Freundin und Twitter-User noch Lieder vorgeschlagen. „Snapshots“ ist tatsächlich so etwas wie der Soundtrack meines Lebens.

Von den Songs hat wohl „Anyone Who Had A Heart“ in der Version von Cilla Black am meisten Bedeutung für mich. Es ist das erste Lied, an das ich mich erinnern kann. Ich war damals vier. 1964 lebte meine Familie in einer Doppelhaushälfte im Londoner Stadtteil Greenwich. Mein Vater schaltete jeden Abend Radio Luxemburg ein, der damals für eine kleine Kulturrevolution sorgte. Damals muss ich den Song zum ersten Mal gehört haben. Cillas leidenschaftliche Interpretation hat damals den Schalter zu Pop bei mir umgelegt.

Auf „Snapshots“ habe ich Punkrock, Britpop, traditionellen und modernen Songwriter-Pop gesammelt. Die Botschaft dazu ist: Hey, das ist alles brillanter Pop, auch „Ever Fallen In Love“. Als die Buzzcocks den Song 1978 veröffentlichten, hatte ich gerade die Schule abgeschlossen und wollte unbedingt eine Band gründen. Alle Punks damals waren so wütend – außer Pete Shelley, der hatte ein freundliches Gesicht und war auch ein netter Kerl. Punkrock regte die Erwachsenen auf und stiftete Chaos. Das fand jeder in meinem Alter klasse, obwohl ich nicht gerade der rebellische Typ war. Auf Partys liefen die Songs von Joy Division und The Clash und ich verbrachte Stunden in Plattenläden, um sie durchzuhören. Pop und Punk standen dort in ihren jeweiligen Ecken und kämpften hart für ihre Sache – ich liebte beides. So wurde auch „Kids in America“ geboren.

Trotzdem dachte ich kurz, dass ich für meine neuen Versionen von „Ever Fallen In Love“ und „In Between Days“ sicher Ärger bekomme. An The Cure gefiel mir neben den Melodien und den ungekünstelten Texten, dass Robert Smith so aussah, als ob er die Kleiderschränke seiner Eltern geplündert hätte. Definitiv hatte er aber den Lippenstift seiner Mutter geklaut.

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