Hua Dong (ReTros) im Interview: „Kanye West hat uns als Kind zuhause besucht“
Im Zuge des China-Drifting-Festival waren am Wochenende drei junge Bands aus China zu Besuch in Berlin. Wir nutzten die Gelegenheit und sprachen mit Hua Dong, dem Sänger der Postrock-Band ReTros über Ai Wei Wei, den chinesischen Untergrund und seinen ehemaligen Klassenkameraden Kanye West.
Beim China-Drifting-Festival traten am vergangenen Freitag, den 11. April 2014 drei Größen der chinesischen Indie-Szene im Globus-Club im Herzen Berlins auf: ReTros, Duck Fight Goose und Pet Conspiracy. Wir trafen uns mit Hua Dong, dem Sänger der Band ReTros, zum Interview.
RS: Was viele nicht wissen, ist, dass Kanye West als Kind in China gelebt hat. Was noch weniger Leute wissen, ist, dass er ein Klassenkamerad von dir war…
Hua Dong: Ja, wir sind zusammen zur Grundschule gegangen. Seine Mutter kam als Austausch-Lehrerin für ein Jahr nach Nanjing. Es gab zwei Ausländer in unserer Klasse, einen weißen Jungen aus Mexiko namens Diego und eben Kanye. Er hat mich auch zuhause besucht, meine Mutter kochte dann immer besonders viel.
Wann ist dir klar geworden, dass es sich bei deinem Kinderfreund um den berühmten Kanye West handelt?
Das war vor ungefähr fünf Jahren. Ich las in einem Musikmagazin einen Artikel über HipHop in den USA und da kam dann auch Kanye vor. Ich war wirklich sehr sehr überrascht und googelte, ob es auch wirklich er ist. Angeblich kam er als Erwachsener mal nach Nanjing zurück, um seine alten Freunde wieder zu finden. Da lebte ich aber schon in Beijing.
Kanye West ist in seinem Land ein Superstar. Wie berühmt seid ihr denn in China?
Wenn wir in Beijing spielen kommen schon um die 1200 Leute. Ich glaube unsere Musik hat gute Zukunftsaussichten. Es gibt mittlerweile sehr viele Festivals in China. Alleine in Beijing finden dieses Jahr zwischen 50 und 80 statt. Es wird größer und größer.
Gibt es China überhaupt einen Unterschied zwischen Mainstream und Underground?
Ja, aber die Grenze zwischen beidem war früher größer. Viele Leute halten uns oder Pet Conspiracy für Underground-Bands. Wir selber halten uns nicht für allzu Underground, wir können auch von unserer Musik leben. Sehr gut leben. Bei Konzerten und Festivalauftritten verdient man nicht schlecht.
Welche chinesischen Bands kannst du empfehlen?
Duck Fight Goose. Sie sind komisch und experimentell zugleich. Ihr Math-Rock lässt dem Zuhörer Raum, das finde ich sehr wichtig.
Eine andere chinesische Band, PK 14, hat ihr letztes Album mit Steve Albini aufgenommen. Ihr hattet für eure erste EP mit Brian Eno zusammengearbeitet. Wollt ihr euch für das neue Album wieder einen berühmten Produzenten suchen?
Ich würde mir wünschen mit Dave Sitek von TV On The Radio ins Studio zu gehen. Wir sind auch schon dabei, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Seine Solo-Sachen mit Maximum Baloon waren super.
Du hast als 19-Jähriger in Halle studiert. Gibt es eine deutsche Band, die du besonders magst?
Brandt Brauer Frick. Sie sind auch schon mal in China getourt. Geniale Musiker. Und die Einstürzenden Neubauten. Und eine alte Band mag ich besonders, Xmal Deutschland. Man hört viel Siouxsie & The Banshees bei ihnen raus, kann ich sehr empfehlen.
Ai Wei Wei hat gerade eine große Ausstellung in Berlin. Kennt man den in China überhaupt?
Sein Vater ist sehr berühmt. Ai Qing, ein sehr bekannter Dichter. Ich kenne Ai Wei Wei nicht persönlich, aber wir haben gemeinsame Freunde. Für mich ist er ein Künstler, das ist alles. Er mag aus verschiedenen Gründen sehr berühmt in den USA und Europa sein, ich sehe ihn einfach als einen Künstler. Er hat ein Problem mit der chinesischen Regierung, ja. Aber wer hat denn kein Problem?
Was hattet ihr als Band denn bereits für Probleme?
Kein richtiges Problem, eher Hindernisse. In den USA kannst du aber auch nicht einfach „Fuck“ sagen. Die Situation in China ist heute besser als früher. Die Regierung ist offener geworden. Sie haben die jungen Leute wahrgenommen, sie merken, dass es da eine neue Welle gibt…..“a new wave“.