TV-Fußnoten

Horizontal, zweidimensional, ziemlich egal: die neue Serie „Blochin“

Jürgen Vogel stiftet als "Blochin" in Berlin Chaos – doch so überwältigend, wie die Serie unbedingt sein will, ist sie leider nicht.

Welche Ehefrau nennt ihren Mann eigentlich beim Nachnamen? Nicht zum Spaß, nicht in der Wut, sondern ständig? Inka (Maja Schöne) sagt zu dem Typen, mit dem sie eine Tochter, eine nette Wohnung und ganz schön viel Ärger hat, immer nur „Blochin“ – wohl damit auch ja klar wird, was für ein harter Hund der ist und wie wenig Nähe er selbst bei seiner Angetrauten zulässt. Blochin scheint gar keinen Vornamen zu haben, das wirkt manieriert und im bürokratischen Deutschland auch recht unrealistisch. Klar, nur eine Kleinigkeit, aber sie zeigt das Problem der fünfteiligen Serie „Blochin“. Dauernd hat man das Gefühl, dass hier zu viel gewollt wird. Die Männer wollen zu cool sein, die Geschichte will zu vielschichtig sein, die Serie möchte unbedingt mit den amerikanischen Vorbildern konkurrieren.

Blochin (Jürgen Vogel) war mal ein Krimineller, arbeitet jetzt aber für die Polizei, wo sein Schwager Dominic Stötzner (Thomas Heinze) die Mordkommission 7 leitet und beide in einen Interessenskonflikt geraten, als alte Bekannte Blochins auftauchen und ein Drogendeal mit Afghanistan große Wellen schlägt, bis in die Bundeswehr und Politik hinein. Es wurde viel Gewese darum gemacht, dass Matthias Glasners „Blochin – Die Lebenden und die Toten“ die erste große „horizontal erzählte“ deutsche Serie ist. Tatsächlich wird laufend hier noch ein kleiner Handlungsstrang eingebaut und da noch die Geschichte der dritten Polizistin von links angerissen, aber ein „Kaleidoskop der Stadt Berlin“, wie großmundig angekündigt wurde, entsteht dadurch nicht.

Dafür bleiben die meisten Figuren zu zweidimensional und klischeehaft. Es gibt eine Prostituierte, die Conchita heißt und auch genau so aussieht. Natürlich hat sie ein Herz aus Gold. Es gibt böse Drogenschmuggler, dröge Beamten und karrieregeile Staatssekretärinnen – nichts davon überrascht einen. Blochins Frau kann auch nicht einfach nur hübsch und zickig sein, sie muss noch MS haben, damit die ganz große Dramatik perfekt ist.

Stötzner (Thomas Heinze, r.) und Blochin (Jürgen Vogel, l.) haben ein Problem
Stötzner (Thomas Heinze, r.) und Blochin (Jürgen Vogel, l.) haben ein Problem

Vielleicht denke ich zu sehr in Schubladen. Vielleicht war es sogar eine geniale Idee, den knallharten Polizisten Stötzner, den alle „Lieutenant“ nennen, weil er – uiuiui! – mal in Amerika war, mit Thomas Heinze zu besetzen. Ich mag Thomas Heinze, es ist schön, ihn mal wieder zu sehen. Aber mit dieser putzigen Stimme und dem ebenso herzigen Gesicht nimmt man ihm einfach keinen Typen ab, der ohne Skrupel jemandem in den Rücken schießt und dann die Kugeln rausbohrt, um keine Beweise zu hinterlassen.

Jürgen Vogel dagegen spielt wieder mal den Westentaschen-Rambo – ein einsamer Rächer, dessen Vergangenheit nebulös ist, während seine Zukunft gerade auf dem Spiel steht. Für eine klassische Cop-Geschichte ist „Blochin“ zu zerfasert, für eine Milieustudie zu actionbetont – die durchaus interessanten Einzelteile finden nicht richtig zusammen. So bleibt ein Thriller, dem recht bald die Puste ausgeht, weil man merkt, dass es einem eigentlich egal ist, wo Blochin herkommt und wo er enden wird.

„Blochin – Die Lebenden und die Toten“ läuft ab Freitag im ZDF (20.15 Uhr), am 2.10. sind alle Folgen auch auf ZDFneo zu sehen.

Stephan Rabold ZDF und Stephan Rabold
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