Hinter dem Regenbogen
MÜNCHEN, AMPERE. Der Club ist bis zum Rand gefüllt, was bei einem Auftritt der idiosynkratischen Schwestern immer noch verwundert. Aber wahrscheinlich versprechen sie einfach in gleichem Maße Distinktionsgewinn, ein lustiges Zigeunerleben und Annett-Louisan-Drolligkeit, so daß es Popdiskursler, Wursthaarmädchen und Männermagazinleser gleichermaßen zu CocoRosie zieht.
Das Licht ist schon arg gedämpft, als die schöne Sierra und die tomboyische Bianca zusammen mit einer female human Beatbox die Bühne betreten – trotzdem ist es ihnen noch zu hell, und so spielen sie ihr Konzert dann fast völlig im Dunkeln. Nur die putzigen Videoinstallationen mit wackeligem Selbstgedrehten und sich den Bauch reibenden Glücksbärchis (die knuddeligen Tierchen aus dem Kinderfernsehen, die hinter dem Regenbogen leben) spenden etwas Licht. Wenn Sierra zu den wirr zusammengeschnittenen Filmchen opernhaft soliert, fühlt man sich wie mitten in einem Film von Peter Greenaway, wenn Bianca, die mittlerweile neben ihren diversen Kinderspielzeugen ab und zu auch Klavier spielt, meckert und dazu Kopulationstänze aufführt, denkt man eher an Pier Paolo Pasolini.
CocoRosie spielen – neben fast schon Klassikern wie „Beautiful Boys“ und „By Your Side“ – vor allem jede Menge neue Stücke. Normalerweise leisten sich sowas nur kauzige Songschreiber, die vor wenigen Eingeweihten spielen. Doch es funktioniert auch hier. Vielleicht, weil an diesem Abend jeder Zuschauer für sich entscheiden kann, was er da eigentlich gerade sieht auf der Bühne: die neue Indie-Avantgarde oder ein putziges Pop-Musical.