„Highlander“– Rockmusik im Schottenrock
Wie „Highlander“ gegen alle Wahrscheinlichkeiten ein Erfolg wurde.
Podcast: 1986 im Kino – „Platoon“, „Top Gun“, „Highlander“, „Pretty in Pink“ …
1986 war das Fantasy-Genre mausetot, dabei hatten die Achtziger so vielversprechend begonnen. Das Jahrzehnt fuhr „Conan – The Barbarian“ auf, es gab den „Kampf der Titanen“, 1982 dann „E.T. – The Extraterrestrial“ , später verlieh Steven Spielberg mit „Indiana Jones and the Temple Of Doom“ seinem größten Helden einen phantastischen Touch.
Aber gerade die teuersten Filme enttäuschten ab dem Jahr 1984. Die Michael-Ende-Umsetzung „Die Unendliche Geschichte“ war ein albtraumhaft anzusehender Klamauk, David Lynchs „Dune“ zwar eine Vision – aber auch einer der größten Misserfolge, die Universal damals verkraften musste.
Ausgerechnet Regisseur Ridley Scott ging 1985 mit dem wunderschön ausgestatteten, aber inhaltlich recht leeren, schlecht geschnittenen Elfen-gegen-den-Teufel-Film „Legende“ baden. Der letzte Vorhang war damit für das Sujet gefallen.
Dann kam wie aus dem Nichts „Highlander“, das sich auf dem Papier lesen musste wie ein Flop mit Ansage, wie Genre-Trash: Schottland, zur Unsterblichkeit verdammte Schwertkämpfer im ständigen Blitzgewitter, Sean Connery spielt einen ägyptischen Edelmann mit spanischem Namen!
Und ein Franzose ohne große Englischkenntnisse, Christophe alias Christopher Lambert, silberblicklicht sich in der Hauptrolle durchs Feld.
Ohne große Englischkenntnisse? Ohne alle Englischkenntnisse! Der 32-Jährige wurde engagiert, ohne vorher überhaupt irgendeine Drehbuch-Sprechprobe gemeistert zu haben.
Und doch wurde „Highlander“ ein Hit. Nicht nur ein Hit in Videotheken, ein „Kult-Hit“, sondern ein richtiger Kassenhit, über den 31 Jahre später viele reden, und an den sich kein Regisseur mit einem Remake-Gedanken rantraut. Die Filmdatenbank imdb listet ihn auf Platz zehn der unter Usern beliebtesten Werke von 1986, in einem mit „Top Gun“, „Pretty In Pink“ und „Ferris macht blau“ dicht gepackten Jahr.
Der Satz „There Can Be Only One“ – „Es kann nur einen geben“ wurde in der Geschichte der Menschheit sicher schon Milliarden Male ausgesprochen. Und doch ist er heute nur noch im Zusammenhang mit „Highlander“ bekannt. Selbst Geeks wäre es inzwischen peinlich, sich den Satz mit einem Augenzwinkern gegenseitig zuzuschleudern, so inflationär wurde diese Tagline benutzt.
Wie ist es zu diesem Erfolg gekommen?
Wie kein anderer Film des Jahres bediente „Highlander“ die Sehnsucht der Fanboys nach dem späten Mittelalter, nach den Waffen und Rittern; die von Bauern bewohnten Highlands in Schottland waren für Hollywood als Schauplatz recht neu. Dazu kamen die wie Laser eingesetzten Blitze – Spezialeffekte, die immer dann aufgefahren wurden, wenn einer der unsterblichen Schwertkämpfer einen anderen Schwertkämpfer geköpft hatte. Das Epos spielt 1536, 1541, 1783, in den 1940ern sowie 1985. Also Mittelalter plus Zeitreise, und das Ergebnis war Science-Fiction.
Dazu der Song-Soundtrack von Queen, und alles unter der Regie von Russell Mulcahy. Der Australier kam aus dem Musikfernsehen, inszenierte für Duran Duran etwa „Hungry Like The Wolf“. Mulcahy war ein MTV-Mann, der sich über den Einsatz von Lichtern genauso viele Gedanken machte wie über die Dialoge seiner Schauspieler. So unwichtig, wie Musikfernsehen heute geworden ist – gibt es das überhaupt noch, Regisseure, die von MTV kommen und in Hollywood landen? „Highlander“ war ein Rockmusikfilm im Schottenrock.
Der Soundtrack kam zu spät
In der schönsten Szene wird alles Gute zusammengeführt. Der Highlander hält seine alt gewordene, im Gegensatz zu ihm sterbliche Frau Heather (Beatie Edney) in den Armen, sie wundert sich ein letztes Mal über seine ewige Jugend, unser Blick schweift über die Hügel, Lambert redet im Off, Freddie Mercury singt „Who Wants To Live Forever“, und Michael Kamen orchestriert dazu eine traurige Melodie. Diese vier Minuten waren wie der beste Musikclip des Jahres.
Der Score „A Kind Of Magic“ – mit diesen Worten hatte McLeod einem Mädchen seine Unsterblichkeit erklärt – mit neun Queen-Songs erschien erst im Juni, drei Monate nach Kinostart. Dieser Verspätung könnte heute niemals mehr passieren, entweder wurde da was verschlafen – oder die Wirkung von „Highlander“ unterschätzt.
Nicht weniger effektiv war der Vorspann, in dem Queen „Princes Of The Universe“ intonieren – und der eben nicht die Band oder Schauspieler in Aktion zeigte, sondern blutrote Schrift vor schwarzem Hintergrund, dazu Mercurys kraftvoller Text vom Gipfeltreffen der Auserwählten. Eben kein MTV-Schnittspektakel mit Einblendungen der Stars. Voll auf die Wirkung des Songs vertraut, alles richtig gemacht.
Clever an „Highlander“ ist sicher, dass der Zuschauer direkt in die Mythologie der Geschichte hineingeworfen wird. Der Film fühlt sich an wie eine Romanverfilmung, für die man aus Zeitgründen Passagen gestrichen hat – eine Romanverfilmung, die aber trotzdem im Unter-Zweistunden-Format funktioniert. „Highlander“ will manche Fragen gar nicht klären, das macht ihn bis heute so reizvoll.
Mit großem Selbstbewusstsein wird manches ignoriert. Warum ist der Highlander McLeod mit diesem anderen Unsterblichen, Kastagir, befreundet, statt ihn zu töten? Wieso hat Sean Connerys spanischer Ägypter so viel Wissen um die Welt? Woher stammt der große Antagonist des Film, Kurgan (Clancy Brown)? „From The Dawn Of Time We Came …“ sagt Connery, der alte Nuschler, im Texttafel-Prolog. Und redet dann etwas weiter, aber das war es auch schon an Backstory.
Christopher Lamberts Rollenname Connor McLeod klingt noch markant, aber Sean Connerys Rollenname Juan Sanchez Villa-Lobos Ramirez eher so, als hätte sich ihn ein Kind beim Spielen mit Action-Figuren ausgedacht. Wäre der spanische Edelmann kein spanischer Edelmann, sondern ein deutscher Edelmann, er wäre wohl Wolfgang-Heinrich Schmidt-Schmitzen getauft worden.
Lambert konnte sich nicht durchsetzen
Sean Connerys Karriere befand sich 1986 in einer Art Limbo. Sein Comeback-Bond „Sag niemals Nie“ lag bereits drei Jahre zurück, und in Erinnerung an jenen Film war geblieben, dass er alt wurde, ein Toupet trug und hoffentlich nie mehr ohne Bart auf der Leinwand zu sehen sein würde.
Erst ein Jahr nach „Highlander“ würde Connery seinen goldenen Herbst antreten, es gab einen Nebenrollen-Oscar für „The Untouchables“, zwei Jahre später verkörperte er, mit 58, Indiana Jones‘ Vater. Von da an war Connery ein Elder Statesman in Hollywood. Christophe Lambert jedoch blieb eine weitere große Hauptrolle, Englisch-Büffelei hin oder her, verwehrt.
Ende und Neuanfang der Fantasy
Zwar gab es gleich nach „Highlander“ wieder eine Dürre im Fantasy-Bereich, Rob Reiners brillante, charmante, urkomische Verfilmung von William Goldmans „Princess Bride“ floppte 1987. Aber seit der Jahrtausend-Wende („Herr der Ringe“, „Panem“ und Co.) ist das phantastische Kino nicht mehr wegzudenken.
Für „Highlander II“ sollten Christopher Lambert und Sean Connery 1991 noch einmal zusammenkommen. Der alte Spanier – oder war er doch Ägypter? – lebte also wieder, dabei wurde Juan Sanchez Villa-Lobos Ramirez doch in Teil eins geköpft. Aber das war komplett egal, egal wie diese Fortsetzung. „Highlander“ ließ sich nicht wiederholen.
Auch im echten Leben gilt für den Highlander: Es kann eben nur einen geben.