Happy Birthday, Kevin Costner!
60 Jahre wird der Schauspieler am heutigen Sonntag. Seine größten Erfolge sind ein Vierteljahrhundert her, in Nebenrollen aber glänzt er durchaus noch.
Vor 25 Jahren war er der größte Schauspiel-Star, es war die Zeit von „Der mit dem Wolf tanzt“, das kommt einem wie eine Ewigkeit vor, und dennoch kann Kevin Costner auch heute noch in guten Momenten allen anderen die Show stehlen. In der drögen „Superman“-Neuauflage „Man Of Steel“ von 2013 verkörpert Costner, der heute 60 wird, den Stiefvater des Superhelden, den Farmer Jonathan Kent. Als ein Wirbelsturm aufzieht, opfert er sich für seine junge Familie, weist sie an, ihm bloß nicht zu Hilfe zu eilen. Der Tornado wird ihn alleine wegreißen, Costner steht bis zum Ende aufrecht und hebt seinen entfernten Lieben die Hand zum Gruß. Weit öfter im Film taucht Jor-El auf, der eigentliche Vater Supermans, ein Außerirdischer – verkörpert vom jüngeren Russell Crowe. Und doch kann der pathetische Crowe nicht gegen die natürliche Autorität von Costner anspielen.
Die bedeutenden Hauptrollen jedoch sind für Kevin Costner lange her. Ab 1990 gelang ihm das bis heute wohl einzigartige Kunststück, vier Blockbuster in Folge abzuliefern, und das in vier verschiedenen Genres. Die Siegesserie begann mit „Der mit dem Wolf tanzt“, seinem bis heute am meisten geliebten Film, in dem Costner als eine Art militärischer Heilsbringer für die als unkoordiniert und zerstritten dargestellten Indianer der 1860er Jahre herhält. Es war sein eigenes Projekt, der erst 35-Jährige erhielt damals sieben Oscars für seine Western-Fantasie, darunter den für die „Beste Regie“. Costner schätzte sein romantisches Drama schon richtig ein, er setzte Gefühle frei, die sich nicht wirklich definieren ließen: „Dies ist ein Film, der die Menschen vereint, a bonding film for all. You could put it anywhere in history – the Berlin Wall, Kuwait“. Mit „Robin Hood“ folgte 1991 das nächste Helden-Epos und der nächste Blockbuster. Oliver Stones „JFK“ bescherte Costner dann die zweite Oscar-Nominierung als Hauptdarsteller; in der Rolle als Staatsanwalt beeindruckte Costner gegen Ende vor allem durch seinen gefühlt halbstündigen, nahezu in einem Take aufgeführten Monolog, der Klarheit in die Verschwörungstheorien um das Attentat an Kennedy bringen sollte. Als „Bodyguard“ beschützte der Kalifornier in Hit Nummer vier schließlich die bedrohte Whitney Houston, der Soundtrack wurde auch ein Kassenschlager, nun partizipierte Costner erstmals irgendwie auch an der Musikwelt. Costner, das war der Mann, der so aufrecht stand wie Cary Grant. Vielleicht war er nicht so wandlungsfähig, aber er füllte die Leinwand in jeder Szene aus.
Konnte Kevin Costner damals irgendetwas falsch machen? Nach Ansicht der Kinogänger schon. Sein nächstes Projekt, „Perfect World“ unter der Regie von Clint Eastwood 1993, floppte. Costner spielte darin einen ausgebrochenen Schwerverbrecher, der einen unter Elternverboten leidenden Jungen als Geisel nimmt und für ihn zur Vaterfigur wird. Gejagt und unverstanden von allen, kann es nur ein trauriges Ende für den moralischen Kriminellen geben. Seine beste Rolle, in einem von Eastwoods fünf besten Filmen, dennoch zu schattig für Fans, die keine Ambivalenzen dulden. Keine Rolle, die man ins Heldenbuch abheften konnte, wie den Kennedy-Staatsanwalt, den Ureinwohner-Verbesserer oder Robin Hood, der Mann, der einen Pfeil mit einem Pfeil spalten kann.
Mit „Perfect World“ kam die Zäsur. Danach beging der Verunsicherte einige Fehler, mit Wucht wollte er sich als Hollywood-Held inszenieren. Aber er ging sowohl mit dem Apokalypse-Actionfilm „Waterworld“ baden, als auch mit dem Post-Atomkriegsdrama „Postman“. Beide Filme vermengten lediglich Inhalte aus seinem messianischen „Der mit dem Wolf tanzt“. Das mit großem Budget und auf Wasser schwer zu drehende „Waterworld“ gilt als Musterbeispiel eines gescheiterten Möchtegern-Blockbusters und wird bis heute, in Anlehnung an Michael Ciminos gefloppten, das Hollywood-Studio gar ruinierende „Heaven’s Gate“ (1980) als „Kevin’s Gate“ bezeichnet. Aber auch mit dem unglücklich geschnittenen „Wyatt Earp“ machte Costner sich keine Freunde mehr. Dieses Feld der Epen war für ihn eindeutig abgegrast.
Der Legende nach wurde Costner in jungen Jahren von Richard Burton ermutigt, eine Schauspielkarriere einzuschlagen, beide sollen sich während eines Flugs nach Mexico kennengelernt und ausgetauscht haben. Seinen ersten bemerkenswerten Auftritt hatte er mit 28 als Familienvater im Dritte-Weltkriegs-Drama „Das letzte Testament“ (1983); aus Lawrence Kasdans Ensembleleistung „Der große Frust“ wurde dann ausgerechnet er, über dessen Rolle im Film alle Darsteller 90 Minuten lang ausführlich reden, herausgeschnitten. Zum Hauptdarsteller erster Wahl sollte Costner 1987 durch Brian De Palmas „The Untouchables“ werden, als FBI-Agent, der Al Capone zur Strecke bringt (mit Robert De Niro als Gangster, der sich wieder einmal Kilos angefuttert hatte, dessen Rolle allerdings so dermaßen eingekürzt wurde, dass mit einer Oscar-Nominierung nicht mehr zu rechnen war). Von da bis zum „Wolf “ sollten nur noch drei Jahre vergehen.
In Interviews gab Costner mehrfach seine Überzeugung zu verstehen, dass seine Flops ab den Neunzigern nichts mit der Qualität der Werke zu tun gehabt hätten, sondern mit einer Grundsatz-Entscheidung der Kritiker und des Publikums gegen seine Person: „Ich sah das kommen. Als hätten sich die Sterne gegen mich verschworen. Ich durchlebte damals eine Scheidung, die Leute müssen gedacht haben, dass mir der Erfolg zu Kopf gestiegen war. Aber das war er nicht. Wenn ich verrückt vor Erfolg geworden wäre, dann hätte mir das schon nach dem ersten Hit passieren können, nach dem zweiten, nach dem dritten, nach dem vierten.“
Ursprünglich war Costner für die Rolle des Bill in Quentin Tarantinos „Kill Bill“-Filmen von 2003 vorgesehen, der nachtragende Karate-Killer wurde dann aber von David Carradine verkörpert. Costner hatte abgesagt, weil er lieber die Regie seines Films „Open Range“ übernehmen wollte. Chance vertan, aber vielleicht kommt irgendwann eine neue. Heute sind es eben jene starken Nebenrollen, in denen Costner überzeugt, wie in „Man Of Steel“. Er füllt zurzeit jene Position aus, die im Sport der Edeljoker von der Ersatzbank inne hat. Kurz eingewechselt, und getroffen. Vielleicht reicht es irgendwann wieder für einen richtigen guten Einsatz, über 90 Minuten.