hamburaer coole: Nach viel Fragen und Zaudern haben DIE STERNE Antworten. Und fürchten nicht mal Liquido-Verweise
Im Jahr 1992, als die flapsige Parole „Major ist Satan!“ noch ab und an in unzureichend beleuchteten Kaschemmen kursierte, stellte Tobias Levin, Sänger der Hamburger Band Cpt. Kirk &, auf der wegweisenden Platte „ReformhöUe“-tie Frage: „What’s so funny about L’age Polyd’Or?“ Heute finden Die Sterne (schon seit einigen Jahren mit einem Major-Deal ausgestattet und just zur Veröffentlichung ihres sechsten Albums ,Jrres Licht“zu einem anderen Großbetrieb gewechselt) die verspätete Beschäftigung mit dem schlau formulierten Anliegen nicht so spannend. „Bei dem Produktionsbudget, das wir irgendwann hatten, musste das sowieso passieren“, schätzt Sänger, Texter und Gitarrist Frank Spilker die Lage realistisch ein. „Auch bei der neuen Plattenfirma läuft bis jetzt alles super, wir können uns nicht beklagen.“
Dabei geriet man mit dem letzten Album-Lebenszeichen „Wh ist hier“ ja ganz erheblich ins Schlingern: Trotz des bis dahin höchsten Charteinstiegs des Hamburger Quartetts (Platz 27) gut das Album heute als kommerzieller Flop. „Für mich ist .Wo ist hier‘ etwas zu schnell entstanden“, erklärt Spilker. „Wir hätten für das, was wir eigentlich vorhatten, mehr Zeit gebraucht, aber alles war superstressig. Für uns war das eine eher experimentelle Sterne-Platte, aber unser damaliges Label wollte es anscheinend wissen und hat in Bezug auf die Promotion total Gas gegeben. Als die Verkäufe nach dem Charteinstieg relativ schnell zurückgingen, wurde das Thema direkt wieder fallen gelassen.“
Inzwischen stehen die Vorzeichen deutlich günstiger: War „Wo ist hier“ vor allem von Sinn- und Ortssuche geprägt, ist „Irres Licht“ deutlich entschlossener ausgefallen. Wo die Sterne in vergangenen Tagen oftmals das Abwägen thematisiert und sich für manchen Außenstehenden gerade textlich zuweilen im Kreis gedreht haben, sind dieses Mal Entscheidungen gefallen: Der mit einer gehörigen Menge Bühnenpräsenz gesegnete, vergleichsweise junge Richard von der Schulenburg löste kurz nach „Wo ist hier“ Frank Will am Keyboard ab, der sich in sein Landschafts- und Gartenbau-Studium zurückzog und mittlerweile Musik fürs Theater komponiert. Auch war nicht zu erwarten, dass ausgerechnet der vielbeschäftigte Olaf O.P.A.L., der neben The Notwist auch schon weniger großartige Bands produziert hat, die Fäden in die Hand nehmen würde. Hat da nicht bandintern das böse Wort „Formatrock“ die Runde gemacht? „Genau an diesen Begriff habe ich wirklich gedacht, als das erste Mal sein Name fiel“, muss Bassist Thomas Wenzel, gerade frisch von einer USA-Tour mit der Zweitband Goldene Zitronen heimgekehrt, konzedieren. Die Assoziation war einem von Olafs erfolgreichsten Werken geschuldet: „Erstmal hat man da diese Liquido-Melodie im Kopf. Aber als wir ihn dann kennen lernten, war alles super. Sowieso habe ich irgendwie das Gefühl, dass wir gerade aus einem Tal herauskommen.“ Ganz recht: Die dynamische angry young man-Reminiszenz „Wahr ist, was wahr ist“ darf man ohne Gewissensbisse zu den besten Sterne-Stücken zählen, „Alles vergeht“ und die ungewöhnliche, mit Streichern und Dudelsack garnierte Heimatschnulze „Wenn dir St Pauli auf den Geist fällt“ sind im Grunde die ersten klassischen Sterne-Balladen. Auch das Duo Becker/Fagen wurde vom neuen Mannschaftsgeist der Band nicht verschont: Die „Nur Flug“-EP endet, ja, mit einer deutschsprachigen Version des Steely Dan-Klassikers „Any Major Dude Will Teil You“. Ach, und bezüglich der Keyboard-Melodie von Liquido braucht sich Thomas Wenzel keine Sorgen zu machen: Es soll Hamburger Rockstars geben, die den nervtötenden Gassenhauer subversiv als Klingelton ihres Handys nutzen.