Halbwegs populär aber nicht berühmt: Tanya Donelley und ihre Band Belly
Julie Burchill, der konservative Rache-Engel der britischen Pop-Publizistik, hat nicht immer recht. In effektgeilem Zuspitzungswahn ließ sie Tanya Donelly respektive. Belly kurzerhand in der Schublade „New Neurotics“ liegen, gleich neben Polly Harvey, Björk, Tori Amos, Kristin Hersh und Juliana Hatfield. Die Sorte Frau also, die angeblich weiterhin die pure Opfer-Mentalität pflege und die George-Michael-Empfehlung vom guten, natürlichen Sex herzlichst verachte.
Donelly, das gepflegte East-Coast-Girlie – in Wahrheit ein zermartertes „Psycho-Baby“(Burchill)? „Ich habe wirklich keine Ahnung, wie sie dazu kommt. Denn ich halte uns für ziemlich sexy, unsere Musik jedenfalls.“ Donnelly lacht – zusammen mit Tom Gorman, der etwas von „falscher Schublade“ murmelt Auf ihrer stehe nämlich „einfach Belly drauf. Ach so.
Daß Gorman mit am Promo-Tisch sitzen darf, signalisiert schon, daß sich die Gewichte innerhalb der Band verschoben haben. Der Gitarrist und die neue Bassistin Gail Greenwood befreien Donelly neuerdings von der Last, allein für alle Songs verantwortlich zeichnen zu müssen. Was dem Gesamtwerk nicht nur zum Vorteil gereicht „Star“, das Belly-Debüt, leistete sich noch den Luxus düster-ätherischer Intermezzi, die den Weg für den nächsten, kleinen Pop-Sturm bereiteten. „King“ klingt netter, poppiger, ungebrochener. Beliebiger.
Als größte Überraschung entpuppt sich so, daß ausgerechnet Alt-Haudegen Glyn Johns (Stones, Who, Clash, Eagles) auf dem Produzentensessel Platz nahm. Und das auch noch direkt nach einer Session mit Crosby, Stills & Nash.
„Kern Problem für ihn“, sagt Donelly. „Er bewahrt sich immer seine Objektivität. Was positiv für uns war, denn Glyn hatte kein fertiges Konzept von unserem Sound, sondern wollte einfach eine Band so gut wie möglich aufnehmen.“ Johns sei zudem „extrem entfernt von allem, was sich in den letzten fünf Jahren getan hat“.
Nach einer Club-Tour stürmen Belly im Sommer gemeinsam mit R.E.M. die Stadien dieser Republik. Ihr Mitleid mit lamentierenden Pop-Stars – man spricht auch vom Vedder-Syndrom hält sich in Grenzen. Das sei „undankbar“, meint Donelly, während für Gorham „die positiven Seiten doch klar überwiegen“.
Eine ideale Position für Belly: halbwegs populär sein, ohne für irgendwas verantwortlich gemacht zu werden. Höchstens für die kleine Sinnkrise am Schminktisch. Tom Gorman, lachend: „Die meisten Leute legen unsere Platten vermutlich bei sich im stillen Kämmerlein auf, ohne damit jemandem auf den Wecker zu gehen.“