Gut gekleidete Garagen-Bands wie IKARA COLT spielen Rock’n’Roll wieder als unverschwitzte Kunst
Heute beim Themenabend: Krach aus der Vorstadt. Ikara Colt kommen aus London und haben sich zur Zeit der Bandgründung vor zweieinhalb Jahren kolossal gelangweilt: Die Aggro-Bereitschaft ließ allerorten zu wünschen übrig, Brit-Popper und neue Sensibelchen erpressten die Jugend mit selbst gewählter Larmoyanz, und Rock’n Roller verkamen urplötzlich zu Schmuddelkindern.
„Keiner wollte eine Rockband auf die Beine stellen, im Grunde standen wir ganz alleine da“, beschwert sich Sänger Paul Resende. Und die schmucke Gitarristin Claire Ingram: „Ich habe sogar aufgehört, Platten zu kaufen und Gigs zu besuchen, weil einfach nichts los war. Jetzt aber ist alles fantastisch!“ Das ist richtig: Schlagartig steckt die Plattenfirma Interscope Geld und Energie in eine für viele eher sperrige Band wie And You Will Know Us By The Trail Of Dead, und die Flut an jungen Hoffnungsträgern im Gitarren-Sektor scheint einfach kein Ende nehmen zu wollen. Ikara Colt, die sich mit „Chat And Business“ ziemlich genau zwischen Manchester (The Fall) und New York (Sonic Youth) einordnen, haben die obligat coolen Frisuren und Klamotten und geben zumindest zu, dass diese Sekundär-Merkmale wohl oder übel auch im Underground eine gewichtige Rolle spielen: „Jede Band, die behauptet, Image sei nicht wichtig, lügt“, glaubt Resende felsenfest. „Aber wir sind nicht cool. Wir tragen auf der Bühne die selben Sachen, die wir auch privat anziehen. Wir wollen mit unserer Band auch niemandem Tribut zollen. Wir sind alle vier riesige Nirvana-Fans, aber wir könnten nie so gut werden wie sie. Man sollte niemals versuchen, besser zu sein als sein Haupteinfluss, denn daran beißt man sich die Zähne aus.“
Fragt man Claire Ingram scherzhaft danach, ob nicht wenigstens eine einzige Ballade auf das Album gepasst hätte, schüttet sie sich aus vor Lachen: „Oh Gott, bloß kein Ikara Colt-Liebeslied. Und wenn doch, dürfte es keinesfalls jemand zu hören bekommen.“ Dafür gibt es „Chat and Business“ mit Gimmick: Die kunstbeflissenen Mittzwanziger haben 24 selbstklebende Schnappschüsse in Schwarzweiß beigelegt, mit denen man sich sein ganz persönliches Cover basteln kann.
Danach geht es aber geschwind ins Konzert. Oder in die nächste Ausstellung.