Gunter Gabriel, Xao Seffcheque, Ralph Schienke: „Hey Hartz, ich brauch mehr Geld“
Während Popdiskurs und Politik gegen Ende des Jahres um Scheinthemen wie deutsche Identität, Patriotismus, Integration und Parallelgesellschaften kreisten, gingen montags vor allem im Osten regelmäßig Tausende von Menschen auf die Straße, um gegen Sozialabbau im Allgemeinen und das „Hartz IV“-Reformpaket (inklusive „Arbeitslosengeld II“) im Speziellen zu demonstrieren. Dass dies am gleichen Wochentag geschah, an dem die Demonstranten der damaligen DDR den Grundstein für die Wiedervereinigung legten, ist mehr als nur ein Zufall. Denn das Einzige, was alle Bürger der Bundesrepublik wirklich vereint, ist die berechtigte Sorge um die Errungenschaften der sozialen Marktwirtschaft (also: die Gewährleistung des persönlichen Wohlstands). Dass nun ausgerechnet der Inbegriff deutscher Wurschtigkeit, der Brummifahrer des Volksgeistes, Gunter Gabriel, teilweise für das einzge popmusikalische Statement zu „Hartz IV“ mit verantwortlich ist, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.
Für das Gabriel-Triple-Tribute-Album, Liebe. Autos. Abenteuer“ (wohl die deutsche Entsprechung zu der Johnny-Cash-Retrospektive „Love God Murder“) haben sich Xao Seffcheque und Ralph Schienke von Family 5 den alten Gabriel-Gassenhauer „Hey Boss, ich brauch mehr Geld“ vorgenommen und konfrontieren dessen Protagonisten Bruno Wolf mit deutschen Wirtschafts-Aporien, wie wir sie aus den ,Christiansen“-Sendungen der letzten Jahre kennen. „Tut mir ja echt leid, aber unsere wirtschaftliche Situation gibt das im Moment nicht her.“ „Es wäre auch arbeitsmarktpolitisch im Moment das völlig falsche Signal.“ Am schönsten ist jedoch Seffcheques Kommentar zu Gabriels volkstümelnder Fernfahrerlyrik: „Als Mitglied der Arbeiterklasse würde ich politisch grundsätzlicher argumentieren – und weniger larmoyant.“