Gunter Blank geht essen: Wie man Zucker gut verdauen – und dennoch herzhaft essen kann
Eine junge Französin beschreibt in ihrem Buch „Der Glukose-Trick“ den Genuss ohne Reue
Jessie Inchauspé ist zwar erst 28, kann aber schon auf eine beachtliche Karriere im Silicon Valley zurückblicken. Von dort aus sagt die Biochemikerin explodierenden Blutzuckerspiegeln, Übergewicht und Diabetes 2 den Kampf an. Und zwar mit Mitteln, die es auch dem normal Übergewichtigen ermöglichen, ihren Anregungen zu folgen und ohne großen Aufwand ein gesünderes Leben zu führen. Wobei man unbedingt vorher mit seinem Arzt abklären sollte, was wirklich gut für einen ist. Im Mittelpunkt von Inchauspés engagiertem Buch „Der Glukose-Trick“ steht der Kampf gegen den Zucker, den nicht nur Inchauspé, sondern die weltweite Forschung derzeit als Gesundheitsfeind Nummer eins ausgemacht hat. Die „Glucose Goddess“ – so der Name ihres Instagram-Blogs – hat für ihren Ratgeber so viele Stu- dien ausgewertet, dass es manch halb gar promoviertem Politiker die Schamesröte ins Gesicht treiben dürfte. Sie kommt zu dem verblüffenden Schluss, dass man nur wenige Gebote befolgen muss, um fast ungestraft dem hedonistischen Lifestyle frönen zu können.
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Sogar Liebhaber von Gummibärchen und Schokoriegeln müssen nicht alle Hoffnung fahren lassen, wenn sie sich einigermaßen am Riemen reißen. Denn der Kampf gegen den Zucker führt zwangsläufig auch zu einer besseren Gewichtskontrolle. Grundsätzlich geht es darum, den Zuckerkonsum in Grenzen zu halten, noch wichtiger aber ist es, den Zucker nicht ungeschützt ins Blut schießen zu lassen, von wo aus er dann in Fett umgewandelt wird, sondern ihn mit Gemüse, Ballaststoffen und durchaus auch Fett quasi zu ummanteln und ihm so seine schädliche Wirkung zu nehmen. Das heißt konkret: den Tag weder mit einem Nutellabrot noch mit ei- ner stark gesüßten Tasse Kaffee und erst recht nicht mit einem Glas frisch gepresstem Orangensaft zu beginnen, denn das sorgt nicht nur für eine Explosion des Blutzuckerspiegels, sondern löst auch ein über den Tag anhaltendes Verlangen nach weiterer Zuckerzufuhr aus.
Diese sogenannten Blutzuckerspitzen, vulgo das ungehinderte Einschießen des Zuckers ins Blut, schädigen auf Dauer Gefäße und Organe und lassen uns schneller altern und fett werden. Stattdessen empfiehlt die zierliche Französin, die selbst durchaus üppig hinlangt, ein herzhaftes Frühstück: Rühreier, gebuttertes Roggenbrot, sogar ein Stück sehr dunkle Schokolade, dazu Kaffee mit einem Schuss Vollmilch. Auch mittags und abends kommt keine asketische Traurigkeit auf – sofern man ein paar populären und als gesund geltenden Speisen entsagt. Honigmelone mit Schinken zum Beispiel ist als Vorspeise eher kontraproduktiv, ebenso das beliebte Knabbern von Grissini oder Weißbrot zum Bier vorweg.
Entscheidend sind Kombination und Reihenfolge. Am besten orientieren wir uns an den Italienern: Mit deren Reihenfolge lässt sich der Blutzuckeranstieg um bis zu 50 Prozent reduzieren. Mit Salat oder eingelegten Antipasti beginnen, dann separat das gegarte Gemüse essen, ehe wir zu Fisch oder Fleisch übergehen. Im Optimalfall essen wir erst danach die Sättigungsbeilage und können dann einen süßen Nachtisch genießen. Allerdings stößt das Konzept hier an seine nicht nur mitteleuropäischen Grenzen. Die Vorstellung, sagen wir, erst Schnitzel und dann die Pommes, erst das Gulasch und dann den Kartoffelbrei zu essen, ist weltfremd – und auch Pasta und Sauce und Pizza und Belag gehören zusammen. Das wollen wir auch gar nicht trennen, sondern empfehlen stattdessen Inchauspés absolut genialen und leicht zu befolgenden Universaltrick: Vor jeder Mahlzeit ein Glas Wasser mit einem Esslöffel Essig trinken – und schon werden die Blutzuckerspitzen in Schach gehalten. Wenn im Hochsommer Gluthitze und im Herbst kalter Niesel den nachmahlzeitlichen Spaziergang nicht verlockend erscheinen lassen, wirkt dieser – übrigens schon von den Römern angewandte – Trick Wunder.
Zumindest konnte der Verfasser trotz sommerlicher Bewegungsarmut und oft mehrgängigen Abendessen keine Gewichtszunahme feststellen. Gönnt man sich einen guten Apfel- oder Weißweinessig, schmeckt der Drink in mäßiger Dosierung sogar ziemlich klasse.