Großer Grübler
Der Schotte Justin Currie lässt sich gern Zeit für seine subtilen, bittersüßen Liebeslieder.
Justin Currie war immer gut im Warten. Noch in der Schule in Glasgow gründete er 1982 Del Amitri, traute sich dann aber erst mit 21, eigene Songs einzubringen. 28 Jahre später kann er über seinen damaligen Mangel an Selbstbewusstsein nur noch lachen. Bei seinem Solo-Debüt „What Is Love For“ (2007) hatte er vielleicht noch das Gefühl, etwas beweisen zu müssen, das Album geriet sehr langsam und traurig. Mit „The Great War“ kehrt er nun zu seinem „Standard-Modus“ zurück, wie er es nennt: „Ich wollte ein Pop/Rock-Album mit größerer Bandbreite machen. Aber ich zwinge mich ungern zu irgendwas, also dauer- te es, bis genug nicht deprimierende Lieder zusammenkamen.“
Im vergangenen Jahr bat er seine Plattenfirma, ihm eine Deadline zu geben, damit das Herumhängen ein Ende hat. Aber nicht dass jetzt Missverständnisse entstehen: Currie ist keineswegs faul, nur ein großer Grübler. „Meistens mache ich alles andere lieber als Songschreiben. Ich gehe lieber in ein Café, ich lese lieber Zeitung, ich schaue lieber Fussball. Das Schreckliche am Songschreiben ist die Sorge, dass nur Müll rauskommt. Deshalb schiebe ich es gern auf.“ Der größte Hit von Del Amitri heißt „Nothing Ever Happens“, der erste Song auf dem neuen Album „A Man With Nothing To Do“ – Currie nimmt gern die Dornröschen-Rolle ein. „Ich bin immer nur blockweise fleißig. Ich schreibe zwei Wochen lang oder nehme auf, dann mache ich monatelang gar nichts. Ich denke gern lange über meine Lieder nach. Manchmal sieht es vielleicht so aus, als täte ich nichts, aber tatsächlich denke ich wahrscheinlich angestrengt nach.“ Er lacht. Am leichtesten fallen ihm Liebeslieder. „Bei allen anderen Themen werde ich zu schnell zu polemisch. Und insgeheim gefällt es mir, wenn die Leute ein bitteres Liebeslied wegen meiner Stimme einfach nur schön finden. Dass manche meiner Lieder völlig misogyn sind, bleibt dann das Geheimnis zwischen mir und dem Rest des Publikums, das es richtig verstanden hat. Ich bin gern einigermaßen subtil.“
Dass aus diesen subtilen Songs eine so lange Karriere wurde, erklärt sich der 45-Jährige mit „viel Glück und viel verzweifeltem Willen“. Und damit, dass er seine Songs immer unbedingt loswerden wollte, weil sie ihn sonst verfolgt hätten: „Unveröffentlichte Lieder hängen einem in den Klamotten, sie hocken einem auf der Schulter, sie nerven. Ich würde verrückt werden, wenn mir immer mehr Lieder im Nacken säßen, die keiner je gehört hat. Da bin ich dann doch ungeduldig.“ birgit Fuss