Green Day: Die Furzkissen für den Präsidenten
Vor zehn Jahren waren sie die Speerspitze des MTV-freundlichen Punk-Revivals, doch nach dem cleveren und doch unbekümmerten Überraschungserfolg „Dookie“ blieb bei Green Day zu oft der Weg das Ziel. Ihr neues Album erinnert nicht nur das Publikum an den alten Millionseller, auch Bassist Mike Dirnt sieht Parallelen.
„Die neue Platte hat die gleiche Energie und ist – abgesehen von den verschrobenen Texten auf ähnliche Weise erhaben. Was sie aber wirklich mit ‚Dookie‘ verbindet, ist die Tatsache, dass du sofort Luftgitarre zu den Songs spielen willst.“ Und das, obwohl sich das Trio mit „American Idiot“ endgültig vom Drei-Akkorde-Sorglos-Punk abwendet und mit einer 60-minütigen Punk-Oper musikalische Wandlungsfähigkeit und ein politisches Gewissen offenbart.
Mit stumpfem Bush-Bashing hätten Green Day zwar sämtliche Punkrock-Klischees bedient, doch die Platitüden überlassen sie anderen. Vielmehr lassen sie auf diesem Konzeptalbum die Hauptakteure Jesus Of Suburbia, St. Jimmy und Whatsername alltägliche Katastrophen im Amerika dieser Tage erleben. Politische Botschaft auf privater Ebene. „Was den Hauptpersonen im Laufe der Platte durch die Köpfe geht, ist sehr persönlich gefärbt. Keine politische Agenda!“ unterstreicht Dirnt. „Wenn wir es schaffen, den vielen wütenden Menschen in den USA und in aller Welt zu zeigen, dass sie mit dem Gefühl, entmündigt zu sein, nicht alleine sind, wäre das großartig.“
Die Schlüsselsongs der Platte, „Jesus Of Suburbia“ und „Homecoming“, schwellen sogar auf neun Minuten an. „Früher hätten wir bei solch langen Songs vermutlich zuerst an Pink Floyd gedacht, doch unser Album wechselt Tempo und Stimmung eher so wie eine Ramones-Platte“, glaubt Dirnt. „Meiner Meinung nach ist das short attention span theater in Reinkultur!“