Graphic Novel über Leonard Cohen: Like A Bird On A Wire
Comic-Künstler Philippe Girard hat dem Meister eine ungewöhnliche Comic-Biographie gewidmet.
Zugegeben: Graphische Erinnerungen an große Rockmusiker haben derzeit Konjunktur. Zuletzt erschien etwa Reinhard Kleists Verbeugung vor David Bowie („Stardust – David Bowie’s Ziggy Stardust Years“). Es ist nach den Graphic Novels über Johnny Cash und Nick Cave schon Kleists dritter Versuch, die letzten Geheimnisse der Musikwelt mit Zeichenstift zu erkunden.
Das Problem einer jeden Lebenserinnerung bleibt stets, wo man anfangen soll, was man weglassen sollte (oder gar muss). Clever ist, wer nur einen Werkausschnitt bebildert. Kunstvoll ist es, wenn der große Rundumblick gelingt. Dem kanadischen Comiczeichner Phillippe Girard geht es um die letzten Gründe, lässt er seinen Leonard Cohen, 2016 bereits schwer erkrankt an Krebs, doch nach einem Sturz aus dem Bett auf dem Boden liegend das eigene Leben Revue passieren.
Der große Verführer der Rockmusik
Es ist, das ist ja soweit bekannt, die Geschichte eines außergewöhnlich begabten Poeten, der erst spät zur Musik findet und zum großen melancholischen Charmeur und Verführer, vielleicht sogar zum Casanova der Rockmusik wird – mit zahlreichen überraschenden (so etwa ein bedrängendes Stelldichein mit Janis Joplin) und auch mal unheilvollen Begegnungen. Dazu gehört ganz sicher auch Cohens Treffen mit Produzent Phil Spector, der ihm unter Drogeneinfluss nach einer nächtlichen Aufnahmesession eine Knarre an den Kopf hält. All das findet Einlass in diese etwas zu konzise, aber geschickt auf Anekdoten setzende Biographie.
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Girards Zeichenstil mit sanften, hellen Farben und der typischen französischen ligne claire steht fast schon aufreizend lässig im Kontrast zu der gedrückten Stimmung vieler Cohen-Lieder, er will auch nicht immer zu dem Umstand passen, dass es in dem Buch nun einmal größtenteils um den Tod geht, symbolisch wie ganz konkret. Doch die Verspieltheit, die auch darin liegt, verdeutlicht, dass zwischen Kunst und Leben manchmal eben doch eine gewaltige Grenze liegt. Kluge Biographen wissen diese herauszuarbeiten.
ROLLING STONE präsentiert exklusiv den Spector-Ausschnitt aus der Graphic Novel „Leonard Cohen – Like A Bird On A Wire“.
Alle Bilder: Cross Cult