God Save The Queen – Sex Pistols
Ein komisches Völkchen, diese Engländer. Sie mögen auf Gott und die Welt schimpfen, auf Politiker und Parteien, auf kulturlose Amerikaner, arrogante Franzosen und humorlose Deutsche. Sie mögen die Kirche verfluchen, alljährlich Guy-Fawkes-Puppen verbrennen, die Aristokratie zum Teufel wünschen und gegnerische Fußballfans in den Boden stampfen – wer aber ihre Königin kritisiert, hat wirklich ein Problem. Was erst recht im Jahr 1977 galt, als Elisabeth die Zweite ihr silbernes Kronjubiläum feierte. Angemessen pompös natürlich, wie es sich für ein ehemaliges Weltreich am Rande des wirtschaftlichen Zusammenbruchs gehörte. Und dann tauchten zeitgleich diese Rotzlöffel auf, reimten auf Queen „fascist regime“, sprachen ihr ein Dasein als menschliches Wesen ab, reduzierten ihr Oberhaupt gar auf eine Attraktion für Touristen, die wenigstens Geld ins marode Land bringen. Shocking! Und selbstverständlich alles andere als Zufall. Denn Malcolm McLaren, der große Zampano hinter den eher arglosen Sex Pistols, wusste schließlich, wie man Empörung – und damit Aufmerksamkeit generiert. Und dass ein schlichter Schlachtruf nötig ist, um die Massen nachhaltig zu mobilisieren. Die Worte „no future“, am Ende des Songs plakativ wiederholt, zierten dann auch kurz darauf aus Klebeband zusammengestückelt die Lederjacken zahlloser Punks und Möchtegerns auf der ganzen Welt. Ganz egal, ob man den Song nun als gelungenen Marketingcoup oder Meilenstein der Rockgeschichte einordnet, er hat seine Rolle vortrefflich gespielt. Geifernde Boulevardblätter, Verhaftungen, diverse Plattenverträge – „God Save The Queen“ hatte den „Great Rock’n’Roll Swindle“ überhaupt erst ins Laufen gebracht, Punk war unüberhörbar geworden und konnte Nachgeborenen fortan als Richtschnur dienen.