glücksmomente: Beim Benefiz für WARCHILD trafen sich drei große Bands – und ein noch beeindruckenderer Verrückter
Von den Veranstaltern als „Gig Of The Year“ angekündigt, innerhalb von fünf Minuten ausverkauft und tatsächlich jeden Cent wert, zumal die Einnahmen auch noch der Wohltätigkeitsorganisation „“Warchild“ zukamen: Im kleinen Londoner “ Astoria“ kamen Starsailor, Ryan Adams und Travis zur „“NME“-Show zusammen.
Anfängen durften allerdings die noch kaum bekannten Remy Zero – noch! Die fünf aus Alabama, seit längerem Freunde von Fran Healy, machten das Beste aus ihren 30 Minuten und präsentierten schon mal die hymnischen Songs des kommenden Albums „“The Golden Hum“. So unbeholfen Cinjun Tate bei seinen Ansagen wirken mag, so grandios kann er singen – sehnsuchtsvoll, leidenschaftlich, mitreißend. Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, wird man von dieser Band noch viel hören.
Starsailor hatten es danach natürlich leichter, zumal ihre Lieder live noch eindrucksvoller klingen als auf dem Album -nicht so überfrachtet, aber immer noch bezaubernd, auf der Kippe zwischen manisch und depressiv. Dass James Walsh zudem gar nicht aufhörte, das Publikum anzulächeln, brachte selbst die- glücklicherweise wenigen-grölenden Biertrinker aus dem Konzept. Da konnte man gar nicht mehr dazwischenplärren, das wäre ja gemein. Ein neuer Song, „“Some Of Us“, brachte das Talent von Starsailor auf den Punkt: Natürlich, einige von uns weinen, einige lachen, und weltbewegend ist diese Erkenntnis nicht. Aber sie klingt herrlich, wenn Walsh sie singt!
Ein Phänomen, das dem von Travis nicht unähnlich ist. Dachte man zuvor noch, man wolle auf keinen Fall noch einmal „“Why Does It Always Rain On Me?“ hören, so änderte sich das in dem Moment, als die Band auf die Bühne kam. Franny, vom Irokesenschnitt befreit und gut gelaunt wie immer, warf sich mit so viel Inbrunst in die Songs, dass er Dougie Payne zwischendurch „“Know Nothing“ singen lassen musste, um wieder zu Kräften zu kommen. Alles stimmte: „“Flowers In The Window“ mit der dazugehörigen Wir-sind-so-froh-dass-wir-so-glücklich-sind-Rede, selbst das simple „“Sing“ gefiel, noch besser aber freilich „“Slide Show“ und „“As You Are“. Travis können einfach nichts falsch machen, sie machen glücklich.
Das Komischste, Berührendste, Verstörendste passiert aber zwischen den beiden local heroes. Da erschien Ryan Adams, ohne Band, aber natürlich mit Zigarette und Flasche. Er setzte sich, begann mit „“To Be Young (Is To Be Sad Is To Be High)“ und „Oh My Sweet Carolina“ – aber kaum einer hörte zu. Das Publikum redete lauter, als Adams singen konnte. „“Don’t mind me, I’m just playing a fucking song!“, blaffte er zu Recht. Dann spielte er, wie zum Trotz, keinen einzigen Song von “ „Gold“, sondern etliche, die er eben erst geschrieben hatte, darunter „“World War 24“ kein Anti-Kriegs-Stück, sondern eine Liebeserklärung. Danach die Entschuldigung: „“Es tut mir leid, dass ich so wütend wurde, aber ich bin doch allein hier und ich habe Angst.“
So lässt es sich vielleicht erklären, dass er einen wundersamen Song nach dem anderen spielte mal mit akustischer Gitarre, mal am Piano wie eine Mischung aus Nick Cave und Karlsson auf dem Dach. Irgendwann kam James Walsh angeschlurft und wollte mitsingen, aber Adams beachtete ihn kaum – und verließ anschließend die Halle mit den Worten: „Ich will jetzt nur noch Travis hören und mich betrinken.“
Dass es einer wagt, sich so zu verweigern – die seltsamsten Songs zu spielen, das Publikum zu beschimpfen, sogar den Applaus abzulehnen -, ist selten geworden. Vielleicht war es deshalb der faszinierendste Auftritt an diesem Abend.