Giganten

Pink Floyd definierten Psychedelik und Megalomanie – mit Songs über Entfremdung.

Pink Floyd waren die Hausband des Swinging London. 1967 hatten Syd Barrett (1946 – 2006), Roger Waters, Nick Mason und Rick Wright (1943-2008) jenen psychedelischen Weltraum-Rock entwickelt, der in den einschlägigen Clubs der Szene den Soundtrack zum Lebensgefühl gab. Barrett war der Star, ein Sternenjunge mit Visionen von märchenhaften Paralleluniversen, in denen alles ein bisschen freier, bunter und fantasievoller zuging. Doch als der Ruhm kam, wurde die psychische Labilität des Sängers zum Problem, sein naher Wahnsinn offensichtlich. Nach dem Debüt „The Piper At The Gates Of Dawn“ gefährdete seine Unberechenbarkeit zusehends die Karriere der Gruppe, bis die Bandkollegen – die David Gilmour als Verstärkung geholt hatten – ihren erratischen Vormann an einem Februartag 1968 einfach nicht zum Gig abholten.

Pink Floyd ohne Barrett? Das schien undenkbar. Doch in den nächsten Jahren bewies die Band das Gegenteil, veröffentlichte ein halbes Dutzend hervorragender Alben und war nach wie vor der Zeremonienmeister des psychedelisch wabernden, nun auch elektronisch bewusstseinserweiternden Sixties-Rock. Wichtige Topoi dieser Geschichte sind zudem die einfallsreichen Dia- und Lichteffekte (Maden in der Petrischale!), das quadrofonische Klangsystem und die Cover-Gestaltung von Storm Thorgerson.

Die folgenden, zwischen 1973 und 1979 veröffentlichten Alben sind die großen weltwirksamen Alben der Band. „The Dark Side Of The Moon“ (740 Wochen in den Billboard-Charts!) macht allgemeingültig zu Musik, wie einem das Leben zwischen den Fingern zerrinnt und der Wahnsinn hinter der Tür lauert, wenn man ein bisschen zu viel nachdenkt. „Wish You Were Here“ thematisiert noch mal den Verlust von Syd Barrett („Shine On You Crazy Diamond“) und die Kälte der Musikindustrie. „Animals“ trägt dem Punk Rechnung – mit einem Album voller fabelhafter, sarkastischer Songs über hohle Geldsucht und ein sinnentleertes Leben. Schweine über London! Dann kam „The Wall“, mit dem Waters noch direkter die eigenen Psychosen thematisierte – und Pink Floyd ans Ende führte.

Dachte er jedenfalls. Nach „The Final Cut“ erstritten die verbliebenen Gilmour und Mason gerichtlich den Bandnamen und machten aus Pink Floyd einen gigantischen Wanderzirkus. Jörn Schlüter

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