George Clinton im Helden-Check: Drogen, Windeln und die Neugier auf neue Musik
Der 73-jährige P-Funk-Gott George Clinton über seine Exzesse mit Parliament/Funkadelic und eine Lektion, die er von Eric Clapton gelernt hat
Neue Musiktrends
Wann immer ich ältere Musiker über neue Phänome sagen höre: „Mein Gott, das ist doch keine Musik mehr“, sprinte ich los, um diese Musik zu hören.
Die Geburt des Funk
Könnte bei Lightnin’ Hopkins gewesen sein, Muddy Waters, James Brown, vielleicht sogar schon bei Louis Jordan – Jazz-Musiker verwendeten das Wort ja ebenfalls. Unser Beitrag bestand darin, dass wir Funk tatsächlich auch lebten.
Eine Windel als Bühnenkostüm
Damals kreuzten sich plötzlich die Wege von Psychedelic und Punk. Es ging um Krawall und Konfrontation – und wir beteiligten uns auf unsere Weise daran, nämlich in Form eines Scherzes. Natürlich wusste ich, dass es völlig bizarr war, aber wir sagten uns einfach: „Lassen wir dem Wahnsinn doch einfach mal freien Lauf!“
Kreativ auf Crack
Damit kam ich in die Bredouille: Da ich produktiv war und Musik machte, musste wohl alles in Butter sein. Was natürlich nicht der Fall war. Das Konzept des High-Werdens besteht nun mal darin, sich völlig die Kante zu geben. Und wenn du jenseits von Gut und Böse bist, machst du eben auch Sachen, die jenseits von Gut und Böse sind. Ich bin gerade damit beschäftigt, mir meine Copyrights (von früheren Managern – Red.) zurückzuholen – und das war der Anlass, mich wieder auf Vordermann zu bringen, weil ich mich sonst nicht auf die ganzen juristischen Winkelzüge konzentrieren kann.
Kreativ auf LSD
Es hat meinen Kopf in vielerlei Hinsicht positiv beeinflusst – etwa meine Eigenschaft, alles an mich reißen zu wollen, alles zu bekämpfen, auf alles eifersüchtig zu sein. LSD half uns, neue Sachen auszuprobieren, die wir sonst nie versucht hätten. Aber diese Phase ging für mich 1970 zu Ende. Woodstock war vorbei – man musste sich neu orientieren. Mit „Chocolate City“ und dann „Mothership Connection“ gingen wir auf einen ganz neuen Trip. Wir flogen nun in einem Raumschiff – und trugen auch nicht mehr Windeln und Betttücher.
Generation Disco
Mir gefiel nicht, dass sie alles auf einen einzigen Beat reduzieren wollten. (Casablanca-Chef) Neil Bogart hatte die fixe Idee, den Beat auf den Pulsschlag des Hörers zu trimmen. Aber wenn man anfängt, mit der biologischen Uhr rumzuspielen, hört für mich der Spaß auf.
Weiße Jungs und der Blues
Diese Lektion lernte ich, als ich Cream traf: Ich schämte mich, weil sie mehr über den Blues wussten als ich. Eric Clapton wusste, wer Robert Johnson war – ich nicht. Jeder hat also das Recht, einem Vorläufer seine Reverenz zu erweisen.