Genug von schlechter Gesellschaft
Der Tradition ist er weiterhin verpflichtet, doch den Rock'n Roll-Exzessen hat Paul Rodgers endgültig abgeschworen.
Überzeugender ist wohl selten das Versprechen der Strophe in einem Chorus eingelöst worden: „All right now! Baby, it’s all right now“ – dazu ein simples, schörkelloses, aber höllisch effektives Riff. Kein Wunder, daß die Geschichte eines One-night-stands mit Hindernissen mit dieser konsensstiftenden Hookline im Laufe eines Vierteljahrhunderts auf über eine Million Radio-Einsätze allein in den USA kam.
„All Right Now“, von Rodgers (damals 21) und Andy Fräser (18) für ihre Band Free geschrieben, war der Song, der die Bluesrocker von der Insel 1970 über Nacht ins Rampenlicht katapultierte. Der Grund für den Blitzstart liegt für Rodgers auf der Hand: „Bei Free fingen wir vom ersten Tag an mit dem Schreiben an. Wir wollten weg vom Blues, wollten unsere eigene Handschrift“ Von den Live-Quaütäten des Songs zur Zeit seiner Entstehung vermittelt das Video „Isle of Wight“ einen authentischen Eindruck. Bei Rodgers hingegen löst die Erinnerung an das Mega-Festival mit 600 000 Zuschauern nur vage Assoziationen aus, nämlich „daß ich angesichts dieser Menschenmassen die Hosen voll hatte“.
„All Right Now“ schaffte es bis heute viermal in die britischen Top Ten – zuletzt 1991 als Commercial für ein Kaugummi. Zur Bubblegum-Fraktion möchte Rodgers deswegen aber nicht gezählt werden. „Keine Frage, es war ein gelungener Spot, der – wie unser Song – genau auf den Punkt kam. Eine einfache Story, sowas spricht die Leute direkt an.“ Weitere Bands kamen und gingen, doch Rodgers Faible für straighten Bluesrock ohne Mätzchen sollte bleiben. Zu Bad Company, seiner nächsten Station, fallt ihm heute zunächst einmal ein, daß „die Band der klassische Rock’n’Roll-Exzeß war. Wir ließen partout nichts aus – Frauen, Alkohol, Drogen, Limousinen, Privatjets – das komplette Klischee.“
Lieber allein als in schlechter Gesellschaft, dachte sich Rodgers und nahm – bevor er sich mit Led Zeps Jimmy Page zu The Firm zusammentat – 1983 das Soloalbum „Cut Loose“ auf. „Nach dem Ende von Bad Company war ich oft mit Jimmy zusammen. Ursprünglich war es gar nicht geplant, aber urplötzlich hatten wir genug Material, um es mit einer Band zu versuchen. Ich bin nach wie vor sehr stolz auf diese Zusammenarbeit.“ 1991 versuchte es Rodgers noch einmal. Doch auch die Erfahrung mit The Law bewies ihm, daß seine Kompromißbereitschaft mit wachsendem Alter rapide abnahm. 1993 huldigte er seinem Idol Muddy Waters („Hier liegen meine Wurzeln“) und zollte Jimi Hendrix Tribut indem er zusammen mit Slash einen Track zur Hendrix-Hommage „Stone Free“ aufnahm.
Für sein jüngstes Projekt hat er nun zwar wieder eine Band zusammengestellt, doch Rodgers – unter dessen Namen auch Anfang Februar das neue Album „Now“ veröffentlicht wird – läßt keinen Zweifel daran, daß er allein die Marschrichtung vorgibt: „Ich wollte eine neue Identität, weg von dem Free- oder Bad Company-Material. Ich habe eine völlig neue Band zusammengestellt mit der ich jetzt 18 Monate auf Tour war. Die meisten Stücke sind unterwegs entstanden und gleich an Ort und Stelle getestet worden.“ Daß seine Mischung aus „Blues ’n’Soul und Rock’n’Roll“ (Rodgers) inzwischen weniger den Sturm und Drang von „All Right Now“, sondern verstärkt die Altersweisheit des wehmütigen Lovesongs beinhaltet, ist für Rodgers kein Bruch mit der Vergangenheit „Momentan ist es angesagt, zynisch zu sein. Aber wenn sich zwei Menschen verlieben, ist das etwas, was ewig spannend bleibt. Weil es unendlich viele Arten gibt, ‚I love you‘ zu sagen. „