Gene Hackman: Hitzkopf mit traurigem Antlitz

Seit Jahren ist er nicht mehr im Kino zu sehen und genießt sein Leben als Pensionär. Dabei hätte das amerikanische Kino einen weisen Leinwand-Grantler wie Gene Hackman inzwischen nötiger denn je.

Es gehört vielleicht zu den schwierigsten Aufgaben im Leben eines Künstlers, zumal bei Schauspielern, deren Gesichter der halben Welt vertraut sind, den richtigen Moment zu finden, um die eigene Karriere zu beenden. Wie soll man auch wissen, wann der Zenit überschritten ist, wann es Zeit ist zu gehen?

Gene Hackman hat diesen idealen Moment gefunden. Schon vor mehr als einem Jahrzehnt erzählte er in einem Interview, dass er es nicht überziehen und riskieren wolle, sich auf ungute Weise zu verabschieden. Und noch wichtiger: Er sei völlig zufrieden mit dem, was er erreicht habe.

Nüchterne Wurstigkeit

Wann immer heute Hackmans Name fällt – und in Erinnerung an Filme wie „Der Dialog“, „French Connection“ (Oscar für die beste Hauptrolle) „Erbarmungslos“ (Oscar für die beste Nebenrolle) fällt er oft -, dann überrascht es, wie lange er schon nicht mehr auf der Leinwand zu sehen ist. 2004 spielte er in der Polit-Satire „Willkommen in Mooseport“ einen verschrobenen Ex-Präsidenten, den es in die Provinz verschlägt. Dann war Schluss.

French Connection

Seine Figuren waren oft Hitzköpfe mit allzu traurigem Antlitz; vielleicht neben seinen großen Auftritten am deutlichsten im Siebziger-Detektivfilm „Night Moves“ (Die heiße Spur) von Arthur Penn. Hier verkörperte er einen ehemaligen Footballspieler, der reichlich lustlos als Privatdetektiv in Los Angeles vor sich hin vegetiert. Nachdem ihn seine Frau mehr als einmal betrogen hat, nimmt er den Auftrag der in die Jahre gekommenen Schauspielerin Arlene Iverson an, ihre von zu Hause ausgerissene Tochter Delly Grastner (hinreißend in ihrer ersten größeren Rolle: Melanie Griffith) ausfindig zu machen.

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Es ist ein Wunder, wie sich in der Nüchternheit von Hackmans Gesicht all die Widersprüche eines Landes auf der Suche nach einer halbwegs stabilen Identität widerspiegeln. Aber genau das war immer die Stärke des vielseitigen Amerikaners, der einmal in New York mit Dustin Hoffman und Robert Duvall eine Ein-Zimmer-Wohnung bezog und mit ihnen gemeinsam am Existenzminimum lebte.

Wie kein anderer Darsteller seiner Generation vereinte er jugendliche Wurschtigkeit mit der Nachdenklichkeit eines im  Grunde immer schon gealterten Mannes. Waren die von Hackman gespielten Figuren eigentlich jemals jung – oder taten sie nur so?

Bonnie und Clyde

Mindestens die Hälfte seiner Filme bleibt nachhaltig in Erinnerung

Inzwischen hat der ehemalige Weltstar, der sich mit „The Royal Tennenbaums“ von Wes Anderson auch von seiner skurrilen Seite zeigte, eine neue Berufung gefunden: In seinem Heim in Santa Fe schreibt er Romane, wie zum Beispiel die Bürgerkriegserzählung „Escape from Andersonville“.

60 verschiedene Rollen spielte er in seiner dreißigjährigen Laufbahn als Schauspieler, mindestens die Hälfte seiner Filme bleibt nachhaltig in Erinnerung, etwa „Mississippi Burning“, „Die Brücke von Arnheim“ und „Superman“.

Superman II
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Die Darstellung des Harry Caul, der Saxophon spielende Abhörspezialist in Francis Ford Coppolas New-Hollywood-Klassiker „Der Dialog“, mag vielleicht seine subtilste Arbeit gewesen sein. Es berührt noch heute, wie Hackman hier den zwischen schlechtem Gewissen und von zu viel Intelligenz gestählter Neugierde hin und her gerissenen Caul durch die Handlung taumeln lässt. Im Techno-Thriller „Staatsfeind Nr. 1“ von Tony Scott ließ er sich wohl gerne bitten, eine augenzwinkernde Hommage auf eben jenen schwermütigen Grantler zu spielen.

Am 30. Januar 2025 wird Gene Hackman 95 Jahre alt. Vielleicht hört er an diesem Tag, an dem er wahrscheinlich mehr als eine Vermisstenanzeige lesen wird, diese schöne Hommage von Robyn Hitchcok.

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