Zum Tod von Gena Rowlands: Das Gesicht des Kinos
Erinnerung an die große Schauspielerin Gena Rowlands, Identifikation so vieler Frauen in wahrhaft unabhängigen Filmen.
Ihre Karriere reicht zurück bis in die Zeit, als es im Filmgeschäft noch Verträge gab, die Schauspieler für mehrere Jahre an ein Studio banden. Gena Rowlands hatte ihren ersten Auftritt in einem Film 1958 in „High Cost Of Loving“ von José Ferrer, ein unbedeutender Film, aber ein beachtlicher erster Auftritt. Zuvor hatte Rowlands am Broadway gespielt. An der Akademie für dramatische Kunst in New York hatte sie den angehenden Filmregisseur John Cassavetes kennengelernt, den sie 1954 heiratete und mit dem sie später die entscheidenden Filme beider Karrieren drehte.
Gena Rowlands wurde am 19. Juni 1930 in Madison, Wisconsin, als Tochter eines Bankiers und einer Malerin geboren. Die Familie zog dann bald nach Minneapolis um. Rowlands studierte Schauspiel in New York und hatte ihr erstes Engagement in Provincetown, New York. John Cassavetes besetzte sie erstmals 1963 in „A Child Is Waiting“ “, einem Gewissensdrama aus der Produktionsschule von Stanley Kramer, neben Burt Lancaster und Judy Garland.
In „Tony Rome“ (1967) spielt sie neben Frank Sinatra als Privatdetektiv. Aber erst mit „Faces“ (1968) begann die fruchtbare Zusammenarbeit mit Cassavetes, der schon in den frühen 60er-Jahren einen revolutionären quasidokumentarischen Filmstil entwickelt hatte. Seine Filme finanzierte er mit Auftritten als Schauspieler – oft als Schurke.
Rowlands/Cassavetes wurde zur Marke für Cineasten
Mit „Faces“ wurde Gena Rowlands‘ Gesicht unvergesslich. Sie spielte dann in „Minnie und Moskowitz“ (1971), „A Woman Under The Influence“ (1974), und “Opening Night” (1977), am erfolgreichsten in “Gloria” (1980). Nebenbei trat sie in einer Episode von “Columbo” auf, “Playback“ (1975), was ihre spätere Fernsehkarriere vorwegnahm.
In William Friedkins missglückter Komödie „The Brink’s Job“ von 1978 ist sie das Erfreulichste. „Love Streams“ (1984) blieb der letzte Film mit John Cassavetes, der auch neben ihr die Hauptrolle spielt. John Cassavetes starb 1989. Keine Cassavetes-Filme mehr! Die drei Kinder des Paars sind allesamt im Filmgeschäft tätig.
In den 80er- und frühen 90er-Jahren war Gena Rowlands die gefragteste Charakterdarstellerin überhaupt: In Paul Schraders „Light Of Day“ (1987), in der „Betty Ford Story“ (im selben Jahr), in Woody Allens „Another Woman“ (1988), schließlich in Jim Jarmuschs „Night On Earth“ (1991) glänzte sie in bemerkenswerten Hauptrollen.
Ein Oscar blieb Gena Rowlands verwehrt
Noch spät, für „The Notebook“ (2004), in dem sie eine Demenzkranke spielt, hätte sie den Oscar bekommen müssen. Für „Gloria“ war sie 1981 nominiert. Aber Gena Rowlands wurde mit dem Silbernen Bären (1978 für „Opening Night“) ausgezeichnet, mit mehreren Emmys und Golden Globes. Erst 2015, als sie sich vom Film zurückgezogen hatte, ehrte sie die Academy mit einem Ehrenoscar.
Sie war das Gesicht des realistischen Kinos schlechthin. Gena Rowlands, die Inkarnation und Identifikation so vieler Frauen in wahrhaft unabhängigen Filmen, ist am 14. August 2024 im Alter von 94 Jahren in Indian Wells, Kalifornien, gestorben.