Gegen die Abrissbirnen
Das Manchester-Trio Doves erzählt von den Schwierigkeiten des Großstadtlebens - obwohl das neue Album auf dem Land entstand
So kann’s gehen. Mehr als ein Jahr waren die Doves mit ihrem zweiten Album „The Last Broadcast“ auf Tournee, eilten dabei in Großbritannien von Triumph zu Triumph, waren 2002 Headliner des Haldern-Festivals – und wünschten sich am Ende nichts mehr, als zu Hause die Füße hochlegen zu können. Da erscheint es auf den ersten Blick ein wenig unlogisch, dass sie ihre neue Platte „Some Cities“ nicht daheim in Manchester aufnahmen. „Wenn du jemals mit zwölf erwachsenen Männern ein ganzes Jahr in einem Tourbus verbracht hast, steht dir auch nach einer Pause einfach nicht der Sinn nach einem residential studio, in dem sich die Band gemeinsam monatelang verkriecht und man nur zum Zigarettenholen unter Menschen kommt“, erklärt Gitarrist Jez Williams.
Stattdessen suchte sich das Trio verschlafene Nester auf dem Land – unter anderem ein altes, verlassenes benediktinisches Kloster in Schottland -, um dort mit viel persönlichem Freiraum Songs zu schreiben und aufzunehmen, die ironischerweise häufig vom Großstadtleben handeln. „Too much history Coming down, another Building brought to ground“, heißt es im Titelstück, schließlich wüten in Manchester die Stadtplaner unter dem Deckmantel des Strukturwandels besonders extrem. „Wenn wir heute gegen den Abriss historischer Gebäude protestieren, frag ich mich allerdings auch manchmal, ob es nicht eine ähnliche Reaktion gab, als diese Häuser damals gebaut wurden – ob sie nicht auch für zu modern gehalten wurden. Vielleicht werden wir ja die heute neuen Gebäude in 40 Jahren genauso lieb gewonnen haben wie die alten?“ gibt Sänger Jimi Goodwin zu bedenken. Angesichts dieser ambivalenten Gefühle ist es der Band auch wichtig zu unterstreichen, dass es sich bei den Texten lediglich um Beobachtungen handelt, nicht etwa um ein Manifest oder gar einen Plan zur Verbesserung. „Die Menschen prägen eine Stadt, aber die Stadt beeinflusst auch die Menschen“, sinniert Goodwin. „Man sollte die Augen nicht verschließen, denn Veränderung nur um ihrer selbst willen bewirkt nichts Gutes.“ Letzteres kann man auch auf die Musik des Trios übertragen. Die epische Schwermütigkeit der ersten beiden Alben ist immer noch da, dennoch war die Band bemüht, bei der Produktion keine Kapriolen zu schlagen. Musikalisch sind zwar vor allem die ersten Songs etwas aggressiver, die Texte direkter und persönlicher. „Trotzdem waren wir uns sehr bewusst, dass wir nicht das Rad neu erfinden“, gesteht Goodwin grinsend. Und das müssen sie gar nicht, denn „Some Cities“ ist auch so eine runde Sache.