Gebremst voran
Es gibt Platten, die sind dann doch besser als die spekulative Optik, mit der sie verzweifelt um etwas Aufmerksamkeit buhlen. „Today Is Not The Day To F#@ck With Gus Black“ ist so eine Platte. Dem Künstler ist leider nichts Besseres eingefallen, als auf dem Cover in Filmplakatmanier mit finsterer Miene eine Pistole aufs Publikum zu richten. Dazu posieren im Innersleeve grobkörnig zwei ansehnliche Frauen, ebenfalls mit Knarre. Klischees? Keine Spur. „Es sind einfach schöne Frauen, die nicht so schön gezeigt werden.“ Sagt Gus Black.
Immerhin können sich die schönen Frauen dann auch musikalisch zeigen, als Unisono-Stimmen, die Blacks eigenen Vortrag „ein bisschen bremsen und verhindern, dass ich zu emotional werde“. Darunter hätten einige Sachen in der Vergangenheit gelitten. Und wo findet Mann solche Frauen? Na, in LA. im Coffeeshop um die Ecke, wo die eine, die sich ht heartache nennt, gerade mit Black-Kumpel Jason Faulkner abhing. Die andere, Constance Baker, fand er in einer anderen Lokalität, wobei Black gleich ihre „wirklich coole Sprechstimme“ auffiel.
So angetan war er von seinen Entdeckungen, dass er gleich noch Song-Credits verteilte, an Frau Heartache für den „melodischen Schlenker“, der „Variations On A Theme Called Honesty“ verbesserte, während Bakers Phrase „I’ve Been Trying To Pretend You Don’t Exist“ als Songtitelvorlage diente. Und weil Black gerade so generös drauf war, darf selbst eine gewisse Marnie Herald, die dann doch durchs Album-Raster fiel, für ein paar Worte in „Hurrah Hurrah Hurrah, Hurray Hurray“ auf Tantiemen hoffen. „Früher habe ich nie Credits für so was vergeben, aber jetzt dachte ich: Hey, sie haben das verdient! Schließlich würden die Songs ohne ihre Beiträge so nicht existieren.“
Blacks eigene Künstler-Existenz stand vor „Today Is Not The Day…“ auf der Kippe. Alle Songs, die er noch während der Tour für das letzte Album „Autimi Days“ mit der alten Band aufgenommen hatte, missfielen ihm ziemlich plötzlich, angeregt auch durch ein Wiederhören mit seinem leisen Blue Oyster Cult-Cover „Don’t Fear The Reaper“ aus dem „Scream“-Soundtrack.. „Ich erinnerte mich genau an den Moment. Ein Flashback. Das war eine Richtung, die meine Stimme sehr gut repräsentiert. Ich sagte mir: Sei ehrlich, mach die Platte, die du wirklich machen willst und keine Kompromisse mehr.“
Gus Black benötigt für Tourneen nun „kein großes Rock-Ding mehr“; ältere Songs werden umarrangiert, was aber „manchmal gar nicht nötig ist“. Die schönen, singenden Frauen sind’s natürlich schon, und vielleicht dürfen sie sich auf der Bühne sogar schön zeigen. Jedenfalls reist Black auch für das als „Neubeginn“ firmierende „Today Is Not The Day…“ unter altem Namen bzw. nicht ganz. Ganz früher hieß er ja mal nur Gus, ehelichte dann eine Frau Black, mit der es aber längst vorbei ist. „Ich habe über einen Bandnamen nachgedacht“, konzediert Black. .“Aber andererseits habe ich schon viel unter diesem Namen gemacht und wollte keinen Rückschritt mehr. Davon hatte ich schon genug. Ich will vorwärts.“