Für amerikanische Verhältnisse sind sie Schwerintellektuelle: Die Kritikerlieblinge Pavement philosophieren im Freistil
Der Ärger geht schon beim Album-Titel los. Nichts ist einfach bei Pavement, über alles wird tagelang gegrübelt. Das fünfte Werk nannte das Quintett schließlich „Terror Twilight“. Sänger und Gitarrist Steve Malkmus, für amerikanische Verhältnisse immer noch ein Schwerintellektueller, erklärt die Lage: „Ich mag Alliterationen. Und ich hasse Titel. In Amerika hält man uns für so verdammt smart, und deshalb erwartet man immer Ironie und tiefschürfende Gedanken. Gibt’s aber nicht.“ Obendrein hatte das vorherige Album mit „Brighten The Corner“ einen so hintergründigen Titel, daß man den diesmal kaum toppen konnte: „Ich wünschte, die Songs wären so gut gewesen wie der Titel.“
Der Weg ins Studio war auch nicht gerade ein Spaziergang – kein Wunder bei einer Band, die an fünf verschiedenen Orten wohnt. „Nicht nur die Entfernung war problematisch; es ist einfach anstrengend, wieder von vorne anzufangen. Es kommt mir nie natürlich vor, ich muß mich immer dazu zwingen.“ Das neue Material beschreibt Malkmus als „weniger ironisch, aber immer noch finster“, gibt gleichzeitig aber zu, daß sich nicht viel verändert hat: „Eine Menge Moogs oder Streicher wollte ich auf keinen Fall haben. Das macht jetzt jeder, also weigern wir uns. Vielleicht ist das eine negative Einstellung, aber ich mag diese gewisse Überheblichkeit – die Stones hatten sie damals auch, als sie noch gut waren. Echo & The Bunnymen auch.“
Über seine Texte redet Malkmus gern und ausführlich. „You Are The Light“ erzählt von einem heimwehkranken Schüler im Ausland – ein Thema, das fast von The Offepring sein könnte. „Okay, es geht um einen weißenjungen aus der Vorstadt, aber etwas psychedelischer, absurder ist die Story schon, oder? Obwohl ich ‚Pretty Fly‘ ganz witzig finde. Der Song „Billy“ hat es ihm besonders angetan: „Es geht um eine unglaublich nette, glückliche Person, die nie die dunklen Seiten gesehen hat und sogar Schwarze Witwen süß findet. Auch wenn deren Biß tödlich ist! Genauso kann man behaupten, Hurricanes seien eine schöne Naturgewalt, obwohl sie alles kaputtmachen.“ In der zweiten Strophe hätte eigentlich noch eine Mailorder-Braut aus Thailand eingebaut werden sollen, aber: „That didn’t kick ass.“
Nebenbei erkundigt sich Malkmus noch, ob es sich lohne, Thomas Bernhard zu lesen. Gerade habe man ihm dessen „Korrektur“ geschenkt. „Aber die meisten Übersetzungen sind mies, und dann gibt’s da auch gar keine Kapitel. Schon sehr Avantgarde, aber scheint interessant zu sein.“ Wahrscheinlich wird ihm die Lektüre gelingen. Immerhin hat Malkmus auch den „Zauberberg“ gelesen – „nicht nur die Inhaltsbeschreibung. Wir sind schließlich die schlaue Band.“