Fünf Alben aus den Achtzigern, die niemanden, aber wirklich niemanden interessieren dürften
Unser Kolumnist führt Sie in die selten besichtigte Sumpflandschaften des Pop.
Bevis Frond – Inner Marshland (1987)
Zum Schluss noch etwas ganz Tolles: Auf “Inner Marshland“, dem zweiten Werk seines Ein-Mann-Studio-Projekts Bevis Frond klopft Nick Saloman ein ums andere Mal an Wahrnehmungspforten, die womöglich besser verschlossen geblieben wären. Man sollte diesem wackeren Recken dennoch danken, denn hinter diesen Pforten lauert maximales Entertainment. Der Brite Saloman ist ein wahnsinniger Überzeugungstäter: Nicht genug damit, dass der Mann seit 1986 Bevis Frond vorsteht. Nein, er führt auch das Psychedelic-Label Woronzow und gibt das Fanzine Ptolemaic Terrascope heraus. Salmon, der schon gegen Ende der Sixties im Dienste des lysergisch geprägten Musikschaffens aktiv war, startete erst Mitte der Achtziger so richtig durch: Nachdem er sich von einem schweren Motorradunfall erholt hatte, investierte er das vor Gericht eingeklagte Geld in eine 4-Spur-Bandmaschine, auf der im Alleingang zahlreiche Album aufnahm. „Inner Marshland“ ist wohl seine verspielteste und irrste Platte. Der schwache Punkt bei Saloman ist stets das Missverhältnis von vergleichsweise schwachem Songwriting und hohem Gniedelwillen. Hier fällt dieses Problem kaum auf, da Salmon seine alten Effektgeräte nur so um Schmoren bringt und dem staunenden Hörer mit preisgünstigen Mitteln eine ganze Acid-Tropfsteinhöhle hinpinselt.
Die Interludes zwischen den Songs sind hier alles: Gleich am Anfang blubbert es (Wir befinden uns immerhin im „Inner Marshland“, tatsächlich hält hier wohl jemand einen Strohhalm in einen Topf Wasser). In der Mitte von Seite eins begegnen wir dann einem Herrn, der uns über knirschende Stiegen ins Zimmer seiner schlafenden Kinder führt. „Now we open the door“, kann er gerade noch sagen, eine Türe quietscht – und schon dröhnt uns herrlicher Fuzz-Rock entgegen. Es folgt ein verhalltes, mit steifem britischen Akzent vorgetragenes Kitschgedicht: Eric Idle im Pepperland ist nichts dagegen. Auch wenn spätere Alben immer wieder große Momente bereithielten – so verspielt wie auf „Inner Marshland“ war Saloman nie wieder.
Zugegeben: Es sind – anders als in der Überschrift angekündigt – doch nur vier Platten geworden. Aber der Titel lässt sich nicht mehr ändern, er war schon von der Redaktion abgenickt. Den Bevis-Frond-Text habe ich übrigens bei mir selbst geklaut – aus einem bislang unveröffentlichten Pop-Tagebuch-Eintrag über Alben, die dem 80er-Psychedelic-Revival zuzuschlagen sind. Dieser Text kommt demnächst auch noch. Jetzt kommt aber erst mal das Rainhard-Fendrich-Revival. Werden Sie Early Adopter, tanzen Sie frühzeitig mit und singen Sie den „Schickeria“-Refrain: „Mir san die Hautevolee / Mir haum den Überschmäh / Mir san a Wahnsinn / Mir san in.“