Pop-Tagebuch
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Eric Pfeils Pop-TagebuchKolumne

Fünf Alben aus den Achtzigern, die niemanden, aber wirklich niemanden interessieren dürften

Unser Kolumnist führt Sie in die selten besichtigte Sumpflandschaften des Pop.

Little Steven and the Disciples of Soul – Men Without Women (1982)

Noch eine Lieblingsplatte, für die ich bislang niemanden begeistern konnte. Vielleicht liegt es ja an den Fotos, die sich auf dem Beiblatt des Albums finden. E-Street-Band-Gitarrist Steven Van Zandt aka Miami Steve und seine neun(!)köpfige Band sehen da nämlich aus, als wären sie eben beim Casting für einen italienischen Endzeitfilm abgewiesen worden. Vor allem der Typ mit dem pinken Stirnband und den weißen Stulpen verdient alle Plaketten, die sich auftreiben lassen.

Man sollte also vorgewarnt sein: Was Van Zandt hier während seiner Auszeit bei der E Street Band produziert hat, ist donnernder Bandana-Träger-Rockpop, der das (von mir sehr geschätzte!) Springsteen-Album „Born in the USA“ im Vergleich klingen lässt wie Antony & The Johnsons.

Gleich im ersten Song wird in einem „Bed of Fire“ herumgelegen, das war eben so in damals, da waren Betten ständig „on fire“. Dazu setzt es stampfende Motown-Beats, schmorende Orgeln und kehligen Gesang – dargereicht in herrlich aufdringlicher Früh-Achtziger-Produktion.

Was das Songmaterial angeht, befindet sich Steve in ziemlicher Torlaune – jedes Stück ist ein Kracher. Was diese Platte aber vor allem so verführerisch für alle Freunde des dick aufgetragenen Mainstream-Rock macht, ist der erfreuliche Umstand, dass der Frontmann hörbar nicht gewillt ist, Gefangene zu machen. Im Gegenteil: Steve drückt so beherzt auf die Tube, dass man beinahe Angst um seine Gesundheit hat. Oft klingt er, als könnte er vor Breitbeinigkeit kaum noch gehen.

Um es klar zu sagen: Das hier ist hochgradig infektiöses Material für alle Menschen, die sich für guten Faust-in-die-Luft-Poprock interessieren. Der Rest geht lieber in Deckung.

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