Führerloser Führer – Walter Moers‘ neuer totaler Comic-Wahnwitz
Teil 1 war eine Partie Blitzschach gegen die deutsche Betroffenheitsträgheit und ein Buch, dem weder Walter Moers noch sein Verlag Bestsellerqualitäten zugetraut hatten – bis der Erfolg nicht mehr zu leugnen war und die Strategie zu Teil 2 entwerfen half. Nun ist Adolf wieder da – oder auch nicht, denn Teil 2 ist eine solchermaßen geschickt konstruierte Story um die Möglichkeit, Hitler aus dem Hitler-Comic draußen zu halten, dass die Führer-Figur ziemlich führerlos herumirrt.
Kurzum: Der Hitler ist eigentlich gar keiner, was er allerdings schon im ersten Teil nicht war. Nur merkte das kaum jemand, denn er spielte seine Rolle brillant. Nun dirigieren die Geschichte und eine ausgeklügelte Idee, mit der Moers das größte Arschloch aller ‚Zeiten qua Zeithelm durch selbige taumeln lässt. Der Adolf-Effekt hingegen ist verpufft, die Überraschung dahin – und Moers wusste das. So wird das führerlose Taumeln des Führers Programm: Er verursacht – ungewollt – so ziemlich alles, schusselt sich durch die Ur-, Früh- und Zeitgeschichte – vor allem durch jenes Jahrhundert, dessen Leitfossil Ernst Jünger heißt: Adolf erschießt Kennedy, versenkt die „Titanic“, treibt Nietzsche in den Wahnsinn, löst den Ersten Weltkrieg aus. Mit Hermine Göring hat er einen Haufen cracksüchtiger Kids und Stress mit Verschwörungs-Fanatikern wie Professor Pickel oder Josef Mengele. Das Buch kreuzt „Gullivers Travels“ und „Time Machine“ mit Anleihen bei gängigen Trivialmythen. Adolf II schlägt sich als melancholischer Existenzialist durch eine Welt, die in ihren Superlativen die von ihm deformierte Geschichte noch übersteigt.
Die Betroffenheitsdebatte kann also weitergehen.