Fritz Rau
ER SCHLÜSSEL ZU FRITZ Raus unermüdlicher Energie war wohl Dankbarkeit. In seinen Memoiren schrieb Rau, Jahrgang 1930, von der „Gnade der frühen Besatzung“, die ihm nicht nur den Weg zu seiner ersten Liebe, dem Jazz, geöffnet habe, sondern als ehemals begeisterten Hitlerjungen auch gleich entnazifizierte.
Man kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass er diese Gunst bis zu seinem Rückzug 2004 großzügig zurückgezahlt hat. Mit Fritz Rau starb am 19. August nicht nur der prägende Pionier des deutschen Konzertwesen, sondern auch dessen Star auf dem Markt der Großen und Glamourösen von Dylan zu Madonna. Zunächst nur, wie er stets nicht unkokett betonte, als Kofferträger für Jazzer wie Ella Fitzgerald, Miles Davis und Duke Ellington. Diese ehrenvolle Aufgabe hatte ihm sein späterer Partner Horst Lippmann anvertraut, nachdem Rau 1955 auf eigene Faust und mit cleverem Engagement ein Heidelberger Konzert von Albert Mangelsdorff mit 1400 Leuten ausverkauft hatte. Nachhaltiger wirkten jedoch seine europaweit tourenden American Folk Blues Festivals, für die er weithin unbekannte Bluesmusiker aus den USA herüberholte. Unter den begeisterten Kids, die sich 1962 vor der Bühne von John Lee Hooker, Willie Dixon und Memphis Slim versammelten, standen Mick Jagger, Keith Richards und Jimmy Page, die ihre Vinylhelden erstmals live erleben konnten -jedenfalls bis Rau sie eigenhändig entfernte, weil sie die Musiker mit Whisky versorgten.
Ein paar Jahre später, 1970, als die Rolling Stones mit ihrer Version des Blues schon berühmt waren, holte „The Fritz“ sie nach Deutschland -wie zuvor unter vielen anderen James Brown und Aretha Franklin, Jimi Hendrix und die Doors. Rau war nicht der Erste, aber der Wirkungsvollste. Mick Jagger vertraute ihm seither die Konzerte seiner Stones an und nannte ihn „the Godfather:,Rock’n’Rau‘ forever“.
Die Seelenverwandtschaft beschränkte sich vermutlich nicht nur auf die musikalische Leidenschaft.
Als gelernter Rechtsanwalt verstand Rau sich auch auf die harte Verhandlungsseite des Geschäfts, und der Leidenschaft seines Führungsstils verdankt er den Beinamen Ayatollah Choleri. Trotz seines Lampenfiebers inszenierte er sich gleichermaßen charismatisch wie unermüdlich auch als Werkzeug seiner Konzertpromotion, deren Bedeutung, so sein Kollege Marek Lieberberg, er als wohl erster Veranstalter in Deutschland erkannt hatte. Aber am Grunde seiner Umtriebkeit ging es eben vor allem um die Liebe zur Musik: Unterhaltung, fand er, dürfe nie unter der Haltung sein.
Nicht zu unterschätzen ist daher sein Engagement für deutsche Künstler. Er half Peter Maffay nach dessen Konversion zum Rock ebenso, wie er zuvor Ton Steine Scherben aus dem Underground und Udo Lindenberg in die großen Hallen begleitet hatte.
Als oberster Leitfaden galt: Durch jedes Konzert wird die Welt besser. Und vielleicht ja nicht nur die irdische, wie ihm Udo Lindenberg in warmen Worten nachrief: „Mach die Bühnen klar, Fritze, da oben hinter den Sternen!“