Friedrich Küppersbusch schaut im nahen Holland fern

Guten Abend liebe Zuschauer, daheim an den Bildschirmen! Freuen Sie sich mit uns auf spannende 60 Minuten, wenn Wim van den Kuijpers-Bosch wieder Menschen aus fremden Ländern auf seine fahrbare Showbühne bittet, um uns deren Sitten und Gebräuche etwas näher zu bringen. Und da es sich heute um den Holländer handelt, sind zuvor ein paar Sprachlücken zu schließen. Wenn der Holländer etwa seinen „Vla“ ißt, dann nimmt er Pudding zu sich, als „Moffen“ beleidigt er gerne uns Deutsche, und wenn er behend seine „fiets“ besteigt, dann sitzt er natürlich auf dem Fahrrad. Alles klar?

Nun aber zu unserem Zuschauerrätsel: Hat ein gewisser Herr F. Küppersbusch in Holland Urlaub gemacht, wo er eine „Vrow“ Rita Süßmuth traf? Zur Antwort schalten wir nun um auf die nächste Seite:

der Niederländer an sich heißt Ad Visser und sieht auch so aus. In Vrowenpolder, wo vor laßmichnichtlügen 17 Jahren die Vrowen aus unserer sturzrevolutionären Reisegruppe noch breitbeinig vor dem Ortsschild posierten – „Irre! Vrowenpower! Mach mal ’n Foto!“ – begrüßt uns und die Bundestagspräsidentin, aber dazu kommen wir später, jedenfalls die „informatie“ des „Bungalowverhuur Visser“. Vferhuurte Bungalows! Die Hofländer sind echt gut drauf, geil, schon rein sprachlich, und „Via“ schmeckt, wie es heißt.

Mefrow Visser selbst guckt erst einmal irritiert, daß zwischen den Duitsen von eben und denen von gleich jetzt aber auch mal ein paar Duitse ein Bungalow huuren wollen. „Kan Ik Uw helpen?“, signalisiert sie, daß hier niederländisch gesprochen wird, worauf ich ein dermaßenes „Is er een Kamer frij“ hinlege, daß sie erschüttert „Hä?“ zurückgibt Worauf meine Vrow „Nun, wir möchten einen Bungalow mieten“ dagegenhält und die erste Runde souverän gewinnt. Das Spiel heißt: „Laß den Moffen sich erst einmal blamieren, bevor wir dann sowieso Deutsch reden.“ Jawoll“, antwortet erheitert dem Visser sin Vrow.

Solche Nickeligkeit wird dem Flamen dermaßen erbarmungslos verziehen, daß es eine Art hat – zumal von der deutschen Sozialpädagogenfamilie, die m. E. zu allein diesem Zweck die Halbinsel Walcheren besucht. Anne-Frank-Denkmäler den Kindern zeigen, landschaftlich reizvolle Geldautomaten konsultieren und vor allem: Holländer trotz und gerade wegen unserer Geschichte ganz lieb haben.

An einem schönen, verkaufeoffenen Samtstag im Frühling ein Nuklearschlag auf Middelburg, und in Deutschland müßte auf Jahre der Sozialkunde-Unterreicht ausfallen. Der Niederländer erklärt die historischen Hintergründe gern damit, daß unser Vater seinem Vater „het fiets gestolen“, d. h. während der Besatzung die Reichswehr holländische Fahrräder kortfiziert habe. Europa über die Gräben der Vergangenheit zu schaffen, das heißt für uns heute auch „fietsverhuur“.

Damit hat Ad Visser vermutlich wenig zu tun. Der Niederländer an sich fährt Volvo, während sein deutscher Gast Vfalvo bevorzugt Ersterer, weil Vblvos inzwischen in den ehemaligen DAF-Werken bei Eindhoven produziert werden, letzterer wegen der Sicherheit, bißchen darf es schon kosten und vielleicht auch, weil ja sein Lieblingsausländer, der Holländer, auch so gern Volvo fährt Auf den Parkplätzen im Bungalowverhuurgebiet sieht’s jedenfalls aus wie damals in Wandlkz, nur daß die Erben Honeckers, Rita Süßmuth etwa, lieber fliegen als Auto oder fiets zu fahren.

Je rijdt te hardt!“, ruft es dazu Tag und Nacht rings um die verhuurten Bungalows. „Du reitest zu hart!“ Geil! Diese Holländer! Das heißt zwar auch nur, daß man zu schnell fahre und blinkt auf zig Anzeigentafeln hinter Induktionsschleifen, erklärt aber andererseits die große Beliebheit von Ad Visser bei seinen westdeutschen TV-Zaungästen. Ich sage bzw. schreibe nur: „AVRO’s Tbppop!“ Das war die Höhlenmalerei des Clip-Zeitalters, das war samstagsnachmittags die Fernsehantenne gen Westen biegen und eine Stunde etwas gucken, was Filmchen mit Musik machenden Popstars und dazu Hitparade war und vor allem Krein Toüinga(?). Der präsentierte die Show eigentlich besser als sein Kollege Ad Visser, aber bei Visser bin ich mir über die korrekte Schreibwebe wenigstens im klaren. Jedenfalls hört sich das ganze „neu in den Charts- raus aus den Charts“-Gelalle wesentlich freundlicher an, wenn man es, weil fremdsprachlich, eh nicht richtig versteht.

„Toppop“ – das war die Heimstadt von Vader Abraham, aber auch die Solokarriere von Maggie McNeal, das war der erste Durchgang Meat Loaf und die unglaublich schleimige „Band zonder naam“, Alvin Stardust und die frühesten Sparks. Das waren die frühen Siebziger. Das war „Oranje Boven“ gegen die eher militärische Formel „Licht aus, Spot an!“, das war Erdnußbutterfernsehen, zu dem eine ganze Generation von Bochum an westwärts erfolgreich pubertiert hat.

Auch in Ad Vissers Augenwinkeln (Ha! „Winkel“ heißt „Laden“!) ließ sich ein liebevoller Spott erkennen, wenn er dann Andre van Duin anzusagen hatte. Ein singender Permanenzkarnevalist, der mir mit seinem „Sambaballensamba“ einem grottoid albernen Lied über Rumbakugeln, in erlesen schlechter Erinnerung ist. Dafür gab’s ja auch Golden Earring quasi ab Quelle, und später dann Herman Brood, Vitesse, enzovort.

Van Duin („von der Düne“) jedenfalls besuchte nun zu Ostern 1997 Visser („Fischer“) daheim, und beide blickten für die Kamera auf diese orangegoldenen Jahre zurück. Konkret heißt dies, daß Visser seine wieauch-anders-als-volle-Kanne-selbstgedrehte Meditarions-CD promoten wollte, Van Duin sich dazu aber spontan auf den Visserschen Teppichboden legte und alleweil unmotiviert „Toppop!, Toppop!“ brüllte. Was dann nicht nur das Saalpublikum der „Andre van Duin-Show“ schwer erheiterte. Die kommt übrigens bei Hollands TV-Marktführer RTL4, was mich jäh auch mit Abschiedsund Altersschmerz gegenüber Ad Visser, AVRO, Toppop!, Krein Tollinga(?), Pubertät, Rita Süßmuth und Walcheren erfüllte. Ich werde nie in „AVRO’s Tbppop!“ auftreten! Das bedeutet ungefähr so viel wie einzusehen, that I’ll never be on the cover of the ROLLING STONE, nur mehr, nur schlimmer.

Toppop! gibt’s nicht mehr, AVRO ist der staatsnahe Verlierer auf dem NL-Fernsehmarkt, Ad Visser macht auf Esoterik, Rita Süßmuth erklärt in „Bild“, daß sie diesmal per Linie selbstbezahlt nach Südholland flog, und ich habe nicht mal mehr alle Telefonnummern unserer Band, mit der wir damals die ungeschriebene Regel brechen wollten: Keine Moffen in „AVRO’s Toppop!“. Wir hätten Deutschland und Holland versöhnen können, ich wußte es, aber es ist zu spät.

Van Duin, so als spüre er meine tiefe Trauer, erklärt seinem Saalpublikum jedenfalls, daß er die Deutschen ja möge. (Gelächter). Also etwa Rudi Carell (Gelächter und Prusten) oder Linda de Mol (Prusten und Brüllen). Oder zumindest – Kommissar Rex (Lachen). Wie? wortsticht sein Bandleader dazwischen, das sei doch wohl ganz eindeutig ein Schäferhund! Tja, gibt van Duin zurück, und darauf legt das Publikum dann unter schallendem Gelächter die Halle in Schutt und Asche: aber ein Duitser!

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