Frank Spilker: Eine Wahl ist wie ein Kaufhaus, in dem es nur bestimmte Produkte gibt
Frank Spilker, Sänger der Hamburger Band Die Sterne, ist Pragmatiker: Für die anstehenden Probleme reichen Wahlslogans nicht aus.
Eine Wahl ist ja wie ein Kaufhaus, in dem es nur bestimmte Produkte gibt, zwischen denen man sich dann entscheiden muss – etwas anderes gibt es nicht. Da braucht es einen gesunden Pragmatismus. Man muss ins Detail gehen und schauen, welches Wahlprogramm die größten Übereinstimmungen mit den eigenen Interessen hat. Aber das macht ja niemand. Und so funktionieren Wahlen in der Realität auch nicht. Der Wahlkampf besteht aus lauter Imagekampagnen – die Entscheidung fällt man dann danach, welchen Eindruck die Spitzenkandidaten auf einen machen.
Ich sehe meine Aufgabe als Künstler und öffentlicher Mensch darin, diese Widersprüche aufzuzeigen und zu sagen: Pass mal auf, der Eindruck, dass eine Partei für ein bestimmtes Thema steht, stimmt nicht mit dem überein, was sie dann tatsächlich tut. Man muss gegen diesen großen Apparat arbeiten, der die ganze Zeit auf emotionale Art Öffentlichkeitsarbeit bis hin zum Populismus betreibt. Wenn man zum Beispiel sagt, die Grünen seien eine Klimaschutzpartei, ist das historisch gesehen nicht richtig, weil sie ja als Anti-Atomkraft-Partei angefangen haben – Atomkraftwerke abzuschalten, also eine wichtige CO2 – neutrale Energiequelle, ist dem Klimaschutz nicht förderlich.
Vorgeblich wollen natürlich alle Parteien den Planeten retten, aber man muss in die Programme schauen, was sie genau vorhaben. Momentan speist sich unsere Energie aus erneuerbaren Energien und Energieimporten. In welchem Umfang und wie lange wir noch auf Gas aus den USA und Russland angewiesen sind, wird völlig offengelassen. Das muss man natürlich kritisieren, aber ich sehe auch bei den Grünen keine Lösung für dieses Problem, außer einer anderen Gewichtung: dass man noch mehr Geld für erneuerbare Energien ausgibt, die aber, wie jeder weiß, noch nicht so weit sind, dass sie alle Energiebedürfnisse Europas befriedigen können.
Es gibt also durchaus einen Unterschied zwischen den Parteien, was die Klimapolitik betrifft, aber der ist rein praktisch gesehen nicht so riesig, wie immer behauptet wird. Wenn es eine rot-grüne Regierung gäbe, würden weder die SPD im sozialen noch die Grünen im Umweltbereich revolutionäre Veränderungen bringen. Die würde es nur geben, wenn man sich eine neue Weltordnung mit einem Wirtschaftssystem ausdächte, das nicht mehr auf Wachstum ausgelegt ist, denn das ist das Grundproblem für den hohen Energieverbrauch in den Industrieländern. Aber wenn man dieses Problem angehen will, findet man dafür keine Wahloption bei der Bundestagswahl. Da bräuchte es als Erstes zumindest mal eine politische Einigung Europas, sonst lassen sich die entscheidenden Probleme nicht anfassen.