Françoise Hardy: Es ist Zeit Adieu zu sagen
Die französische Beat-Ikone ist tot. Mick Jagger und die Beatles haben sie verehrt, Bob Dylan schrieb ihr ein Gedicht.
Die französische Pop-Ikone der 1960er Françoise Hardy ist tot. „Maman est partie“ lautet die Textzeile, die ihr Sohn, der französische Musiker Thomas Dutronc, neben einem alten Schwarz-Weiß-Foto auf Instagram veröffentlichte. Die Liedermacherin, die mit melancholischen Balladen und ihrer einzigartigen Ausstrahlung weltweit bekannt wurde, verstarb in Paris an Kehlkopfkrebs. Hardy kämpfte seit fast 20 Jahren mit dem Krebs und hörte aufgrund der Therapie im Jahr 2021 schließlich auf zu singen.
Als Tochter einer alleinerziehenden Buchhalterin kämpfte sich die Januar 1944 geborene Hardy durch das Paris der Nachkriegsjahre. Der musikalische Teenager spielte Klavier, doch zur eigenen Musik fand sie, als sie mit 16 Jahren eine Gitarre geschenkt bekam. An der Sorbonne Universität studierte sie eine Zeit lang Germanistik. Parallel dazu begann sie eigene Songs zu schreiben.
„Ich habe mich immer für das interessiert, was ich im Radio lief“, sagte sie einmal in einem Interview. „Durch Zufall bin ich auf den Sender Radio Luxembourg in englischer Sprache gestoßen. Über ihn lernte man Rock’n’Roll und Pop kennen. Elvis Presley, Brenda, Lee, The Everly Brothers, Cliff Richard oder The Shadows. Ich war ganz verrückt nach dieser neuen Musik.“
Sie nimmt Gesangsunterricht und übersetzt ihre Faszination für den Sound aus Amerika und England ins Französische. Während die Grande Nation auf die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl 1962 wartet, wird einer der ersten Songs der 18-Jährigen als Pausenmusik eingesetzt: Das lengendäre „Tous les garçons et les filles“, die B-Seite ihrer Debüt-Single.
Mit ihrem „Modern French Chic“ wird sie zum Postergirl der aufkommenden „Yé Yé“-Bewegung. Das November 1962 erscheinende ihr Debütalbum heißt wiederum „Tous les garçons et les filles“. Auch die nächste Auskopplung
„Le temps de l’amour“ stürmte die Charts. Ihr Look spiegelte die französische Version der Swinging Sixties wider und so wurde sie zu einer viel fotografierten Muse für Modemacher wie Yves Saint Laurent, Paco Rabanne oder André Courrèges.
Anerkennung von den Beatles und Mick Jagger
Françoise Hardy fremdelte mit diesem Ruhm und hatte auch stets Probleme mit dem Tourgeschäft. Vorerst nahm sie weiter Platten im Beat-Chanson-Stil auf, und bekam Anerkennung von den Beatles und Mick Jagger. Bob Dylan schätzte sie besonders und widmete ihr gar ein Gedicht. „Für Françoise Hardy“ steht im Klappentext seines 1964 erschienenen Albums „Another Side of Bob Dylan“. Bei Hardys zweitem großen Hit „Comment te dire adieu“, dem Titelstück ihres 1968er-Albums, handelt es sich um eine französische Adaption der Ballade „It hurts to say goodbye“ von 1966. Großmeister Serge Gainsbourg arrangierte den Song um und versah ihn mit einem neuen französischen Text mit Reimen auf „ex“: „Mon cœur de silex / Vite prend feu / Ton cœur de pyrex / Résiste au feu / Je suis bien perplexe“).
Aufgrund ihres Lampenfiebers verabschiedete sich Hardy 1968 von die Live-Bühnen. Sie hat sich mittlerweile der englischsprachigen Musik zugewandt. 1971 tat sie sich mit dem brasilianischen Musiker Tuca zusammen und veröffentlichte das Bossa-nova-beeinflusste Album „La Question“, mit dem sie sich vom Pop-Appeal ihrer früheren Werke entfernte, um sich tieferen, reiferen Themen zuzuwenden. Auf den Glamour der Anfangsphase hat sie später gerne verzichtet. Sie hat einfach immer weiter gemacht.
Ihr Album „Clair-obscur“ erschien zur Jahrtausendwende, da war Hardy gerade mal 56 Jahre alt.
In ihrer rund 50-jährigen Karriere hat die Pariserin über 25 Alben produziert, darunter auch „Soleil“ (1970), oder „Et si je m’en vais avant toi“ (1972). 2023 haben sie die amerikanischen Kollegen vom ROLLING STONE in ihre Liste der 200 „Größten Sängerinnen aller Zeiten“ gewählt, als einzige Französin. Ihr letztes Album, „Personne d’autre“ erschien im Jahr 2018.
Neben der Musik arbeitete Hardy auch als Schauspielerin, Schriftstellerin und Astrologin. Angesichts ihrer schweren Krebserkrankung sprach sie sich in einem Interview von 2021 für Sterbehilfe aus: „Jemanden, der unheilbar krank ist, unerträglich leiden zu lassen, bis er stirbt, ist unmenschlich.“