Fluch der Fortsetzungen
Sequels dominieren den Sommer - der Erfolg ist oft teuer erkauft
Knapp l50000 Dollar Produktionskosten, eine Million Zuschauer „The Birth Of A Nation“ von D.W. Griffith war 1915 der erste Blockbuster der Kinogeschichte. Und das rassistische Bürgerkriegs-Epos nach einem Roman von Thomas F. Dixon Jr. gebar auch das erste Sequel: Dixon verfilmte 1916 unter dem ähnlichen Titel „The Fall Of A Nation“ seine Story über eine deutsche Invasion in Amerika. Das patriotische Werk floppte, heute ist es verschollen.
Mittlerweile ist die Wahrscheinlichkeit, mit Fortsetzungen eines Hits zu scheitern, so gering wie nie. Sie gelten bei Filmverleihern und Kinobetreibern sogar als letzte Hoffnung in einem Markt steigender Budgets und sinkender Zuschauerzahlen. Dazu braucht man nur das kleine Einmaleins bemühen: Sieben der zehn weltweit erfolgreichsten Kinofilme aller Zeiten sind seit der Jahrtausendwende entstandene Sequels. Als Original hält sich noch „Jurassic Park“ von 1993 auf dem siebten Platz. Nur von einem Film gibt es keinen weiteren Teil – „Titanic“ ist seit 1997 mit 1,8 Milliarden Dollar Umsatz der unangefochtene König der Welt. Danach folgen „Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs“ und „Fluch der Karibik 2“. Und „Harry Potter“ konnte sich dreimal in den Top Ten platzieren.
Die Rangfolge dürfte sich in diesem Sommer ändern. Vier der kapitalsten Fortsetzungsfilme treten gegeneinander an. Egal, wer am besten abschneidet – als Gewinner wähnen sich bereits die Multiplexkinos und Kinomultis. Hollywood rechnet damit, nach einer Durststrecke das Rekordjahr 2002 toppen zu können. Den Auftakt machte „Spider-Man 3“. „Harry Potter“ geht mit seinem fünften Abenteuer ins Rennen, „Shrek der Dritte“ wird weit vorne sein. Am stärksten eingeschätzt aber wird Gore Verbinskis Seemansgarn aus Slapstick und Spezialeffekten in „Fluch der Karibik 3“.
Mit bescheideneren Aussichten buhlen 2007 weitere gut zwei Dutzend Sequels um die Gunst der Kinobesucher. Die Liste reicht von Steven Soderberghs „Ocean’s 13“ und „Stirb langsam 4.0“ mit Bruce Willis über „Rush Hour 3“ oder „Das Bourne Ultimatum“ bis zu „28 Weeks Later“ sowie „Alien vs. Predator 2“. Sogar der Arthouse-Regisseur Shekhar Kapur schreibt in „The Golden Age“ wieder mit Cate Blanchett die Geschichte von „Elizabeth“ fort. Doch die Rechnung geht nicht immer oder oft nur knapp auf. Gerade der Erfolg bläht das Budget einer Fortsetzung auf, um das Gleiche noch mal spektakulärer zu verpacken. „Spider-Man 3“ kostet mit 250 Millionen Dollar doppelt so viel wie das Original. Fürs Marketing kommt die Hälfte der Produktionsausgaben drauf. Die Stars fordern mehr Geld. Da bleibt dem Studio kaum Rendite. „Basic Instinct II“ verdiente in Amerika sechs Millionen Dollar, versenkte so 70 Millionen.
Wachsende Kartenpreise kaschieren, dass Hollywood zuletzt mit hohlem Effektebombast viel Vertrauen bei den Zuschauern eingebüßt hat. Mit ökonomischem Kalkül wird ihnen daher das Vertraute vorgesetzt. Die Bilanz zehrt derzeit von einigen starken Marken, die in den letzten sechs Jahren kreiert wurden. Aber selbst bei „Harry Potter“ erodieren mit jedem Teil leicht die Zuschauerzahlen. Und die „Batman“-Filme plagte ein Abwärtstrend, den auch „Batman Begins“ nicht stoppen konnte. Längst zeigen die Firmen solche Filme der Presse erst wenige Tage vor Start. Nörgelige Kritiken und schlechte Mundpropaganda im Vorfeld könnte das Publikums abschrecken.
Gegen die diesjährige Dominanz der Sequels bestehen könnten allenfalls der Pixar-Trickfilm „Ratatoille“, Michael Bays Roboter-Action „Transformers“ und Robert Zemeckis Fantasy-Saga „Beowulf“. Bei letzteren zwei ist die Fortsetzung absehbar, sollten sie sich durchsetzen.