Flirt mit dem Dancefloor
„The Sound Of Oslo": Nach Nils Peter Molvaer und Sidsel Endresen beweist nun auch BUGGE WESSELTOFT, dass Jazz aus Norwegen ungemein hip ist
0b München eine Metropole der elektronischen Musik sei, will der stets neugierige Norweger wissen. Und ob es da draußen auf dem Lande tatsächlich ein altes Kino gebe, das in einen spannenden Club umgewandelt wurde.
Kein Jazzmusiker würde je solche Fragen stellen. Und trotzdem hat Bugge Wesseltoft gute Gründe, seine Band New Conception Ofjazz zu nennen: JFür ,Moring‘ haben wir improvisiert und aufgenommen wie bei einer traditionellenJazz-Session: drei Tage im Studio, wenig Absprachen, kaum nachträgliche Bearbeitung. Ich finde, dass wir live gut klingen, und wollte genau das Feeling rüberbringen.“
Auch wenn die Keyboards ein wenig an Chick Corea erinnern, hat „Movmg a herzlich wenig mit ,Jietnm loForever“ oder anderem Fusionjazz der 70er Jahre zu tun. Und das nicht nur, weil ein DJ scratchend und programmierend zu Grooves und Moods beiträgt. Statt um virtuose Soli geht es ums Heraufbeschwören von Stimmungen. „Wir entwickeln oft Details weiter, die uns bei den Aufzeichnungen von früheren Konzerten gut gefallen haben. Aber das Ziel ist nie genau festgelegt. Wir schauen, wohin uns unser Zusammenspiel trägt.“ Und dafür lassen sie sich Zeit, die fünf Improvisatoren aus Oslo: Unter acht Minuten geht gar nichts auf „Moving“. Das mindert die Tauglichkeit für den Dancefloor, erhöht aber umso mehr die hypnotisierende Wirkung.
Der können sich auf Dauer selbst die verstocktesten Jazzfans selten entziehen. In den deutschen Clubs herrscht dennoch meist Konzertatmosphäre. Ganz anders in Frankreich oder der Schweiz: „Wenn nun nicht gerade Montag ist, fangen die Leute irgendwann zu tanzen an. Aber das sind keine Party People. Unser Publikum ist so aufgeschlossen, dass wir den Groove zwischendurch auch zurücknehmen und sehr subtile Sachen spielen können.“
Gut für den Romantiker Bugge, der sich bei aller Liebe zur Elektronik am liebsten ans akustische Klavier setzt. Geheimnisvoll-ruhige Momente spielen eine wichtige Rolle auf „Moving“: Chill-Out statt Techno-Exstase.
Nach langen Jahren, in denen nur die Veteranen Jan Garbarek und Terje Rypdal außerhalb von Norwegen Furore machten, haben die Europäer nun den elektro-akustischen „Sound of Oslo“ entdeckt: ein rundes Dutzend Musiker vom Trompeter Nils Petter Molvaer über die Sängerin Sidsel Endresen bis zu Bugge Wesseltoft selbst mit seinem Label, Jazzland Records“. Seit in den frühen 90ern an den rigiden Sperrstunden gerüttelt wurde, ist Oslos Nachtleben regelrecht explodiert. Bugge rühmt die unkonventionelle Szene seiner Heimatstadt, die nicht nur München ziemlich provinziell aussehen lässt: „Sogar an ganz normalen Werktagen kannst du in sieben, acht Clubs Live-Acts zwischen Jazz und Elektronik hören.“