Fleetwood Mac, Led Zeppelin, Roy Orbison: Die Alben der Woche vom 25. Dezember – Special: die besten Box-Sets
Fleetwood Mac, Bob Dylan und Roy Orbison: Sie alle zeigen mit Box-Sets und einmaligen Sondereditionen Teile ihres Werks, die bisher noch nicht zu hören waren – und zu einmaligen Klang-Kollektionen werden können
Album der Woche
Fleetwood Mac – „Tusk“ (Limited Edition)
„Rumours“ (1977) legte die gescheiterten Liebesbeziehungen der Bandmitglieder offen, es blieb ein Scherbenhaufen. Das zwei Jahre später erschienene „Tusk“ war der Versuch, die Scherben unauffällig unter den Teppich zu kehren: nervöse Stille, leise Wut, dazwischen überfallartige Euphorie, ein „Geht doch!“, wie im Titelstück. Dafür engagierte Lindsey Buckingham die berühmten Marschmusikanten von Spirit Of Troy, und der Chor rief „Huga-Haga“. Natürlich macht sich das erstaunliche Lied mit dem skandierten „Tusk!!!“ in seiner Live-Version heute zu Recht als Faust-in-die-Luft-Hymne lächerlich.
Der Rest des Albums? Viel besser als sein Ruf, es reichte für die zweitbeste Platte der Band. Während Kritiker nur darauf warteten, den Egomanen Buckingham wegen seines Entwurfs einer Doppel-LP zu grillen – außerdem weil er jetzt Post-Punk-Blazer trug –, schrieben Stevie Nicks (mit „Sara“) und vor allem Christine McVie im Hintergrund weiter Geschichte. „Do you have to have me the way that I want you?“, singt die Keyboarderin zaghaft in „Brown Eyes“, dem Zentrum der 19 Songs. Noch besser ist ihr „Never Make Me Cry“: Das klingt so intim, so sehr nach Solobeitrag, dass es auf die anderen wie eine Strafe gewirkt haben muss. Mit „Tusk“ wurde deutlich, dass Fleetwood Mac – dieses Schicksal ereilt irgendwann jede Volksmusikgruppe – am Ende nichts mehr kaschieren konnten. Treue ist eben nichts für die Ewigkeit.
Gegenüber dem 2004 veröffentlichten Reissue ist diese Deluxe-Box ein Gewinn, nicht nur wegen des Umfangs – Doppel-Vinyl plus fünf CDs und eine DVD –, sondern auch wegen der Alternativfassungen der Albumtracks. Remixe sind ja meistens die Hölle, aber der Remix von „That’s All For Everyone“ zeigt Möglichkeiten, die Buckingham damals ungenutzt ließ. Die eh schon fatalistischen Zeilen „That’s all for me/ Last call for everyone/ Must be just exactly what I need“ erhalten einen traumartigen Hall, und vor dem inneren Auge sehen wir den Gitarristen in ein Nirvana abdriften.
(Sassan Niasseri, ROLLING STONE 01/2016)
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Weitere Veröffentlichungen in den Alben der Woche:
Zum Ende des Jahres wird es traditionell dünn mit neuen Platten. Allerdings ist die Weihnachtszeit auch die Zeit für Box-Sets und Sondereditionen mit bisher nie gehörtem Material. Von Bob Dylan bekommt man in „The Cutting Edge 1965 – 1966 The Bootleg Series“ alle Archiv-Aufnahmen und Eindrücke seiner Songwriting-Arbeit für die LPs „Bringing It All Back Home“, „Highway 61 Revisited“ und „Blonde on Blonde“ nach Hause; Roy Orbison zeigt auf 13 CDs, was seine „M-G-M Years“ von 1965 bis 1973 so besonders gemacht haben, und Led Zeppelin bringen ihren Compilation-Klassiker „Mothership“ erneut heraus – auf Vinyl für Kenner und solche, die es werden wollen.
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