Filmstart der Woche I: „The Expendables“ von und mit Sylvester Stallone
Sylvester Stallone stemmt sich mit Muskeln, alten Kumpeln und 80er-Jahre-Trash gegen den technoiden Zeitgeist. Ob das einigermaßen funktioniert oder doch zur Actionheldenresterampe verkommt, weiß Oliver Hüttmann. Kritik und Trailer.
Actionhelden sind auch nicht mehr das, was sie mal waren, wird Sylvester Stallone sich wohl denken, wenn er die Bubis beim Schattenboxen vor dem Green Screen sieht. Computeranimationen und die dritte Dimension sind das neue Anabolika. Heute pumpt allein die digitale Technik schmächtige, hübsche Jünglinge zu Meisterkämpfern auf. Die Stunts dabei sind kaum riskanter als Schulturnen. Stallone aber spritzt sich noch immer Wachstumshormone und ackert auf der Hantelbank, als glaube er, die übermenschlichen Computertricks mit purer Muskelkraft bezwingen zu können. Ach, Old Sly.
Stallone ist der Lothar Matthäus unter Hollywoods Stars. Er hat ein einfach gestricktes Gemüt und Pech mit Frauen, hält sich aber als unermüdlicher Kämpfer weiterhin für den Besten. Als Rollenangebote ausblieben, reaktivierte er Rocky Balboa und John Rambo. Für „The Expendables“ hat er nun einige alte Kämpen und Kumpels versammelt, um mit dem ultimativ härtesten Actionfilm der Welt zu zeigen, dass die Senioren noch ein richtiges Feuerwerk zünden können. Von der Handlung bis zur Kameraführung ist unter B-Produzent Avi Lerner tiefster 80er-Jahre-Trash entstanden. Es ist zwar eine Hommage, aber wie der Titel selbstgerecht und selbstmitleidig: Stallone kann und will ja nichts anderes.
Etwas Selbstironie flackert allein im kurzen Gipfeltreffen der einstigen Action-Superstars auf: In einer Kirche moderiert Bruce Willis als Pastor ein Versöhnungsgespräch zwischen Stallone und Arnold Schwarzenegger. Das ist kaum mehr als ein PR-Gag, nach dem die beiden wieder verschwinden. Steven Seagal und Jean-Claude van Damme sind wohl klüger, als man immer annimmt, und gar nicht erst gekommen. Und wurde überhaupt Chuck Norris gefragt? Der lebt auch noch! Übrig bleiben Dolph Lundgren, Jet Li und Jason Statham, der als Junior wohl der letzte Vertreter des Actionhandwerks alter Schule sein wird. Den Rest des Teams hat Stallone mit bulligen Wrestlern, Kampfsportlern und Footballspielern aufgefüllt.
Die Söldnertruppe befreit auf einem Frachter die Geiseln somalischer Piraten und wird dann angeheuert, einen lateinamerikanischen Diktator zu liquidieren. Den brutalen General steuert wiederum ein perfider CIA-Mann (Eric Roberts). Der typische stupide Kriegsfilm mit Italo-Western-Motiven mündet im üblichen Showdown gegen eine Armee, wobei Tonnen an Pyrotechnik mit ohrenbetäubendem Lärm abgefackelt werden. In den stillen Momenten findet Stallone aber in Wehmut und Würde zu neuer Größe. Mit Mickey Rourke pflegt er in einer Garage seine Motorräder und Tattoos. Müde, friedlich, richtig alt wirken die Ex-Stars hier. Zwei Zombies, die trotz larmoyanter Zwiegespräche bei ihren Hobbys wie Kinder strahlen.
Die Verlorenen und Verlassenen hat Sylvester Stallone mit seiner traurigen Wut ja schon immer verkörpert. „The Expendables“ ließ er sich auf den Rücken tätowieren. Es ist sein Abgesang. Und es sollte sein letzter Auftritt sein. Oliver Hüttmann