Feines Finnisch
Als Ramones-Imitatoren starteten sie. Heute kommt von 22 Pistepirkko mir noch Überraschendes
Ach ja, Finnland. Das letzte große Abenteuer Europas. Eine Welt der Extreme. Wer kennt nicht die ewige Nacht, den endlosen Tag, Schreichöre, Tango und Holzgebiss. Nicht einmal vor Ort muss man mehr sein heutzutage, spiegelt es sich doch wider in Filmen und Musik des Landes: das typisch Finnische.
Was genau das im Fall von 22 Pistepirkko sein könnte, darüber kann ihr Sänger und Gitarrist PK Keränen, Finne seit Geburt, nur spekulieren: „Vielleicht unser Hang zur Melancholie? Keine Ahnung. Wir leben ja da, für uns sind diese Extreme normal. Ich kenne das seit 36 Jahren!“
Ende der Siebziger war es, als er mit seinem Bruder Asko und dem Schulfreund Espe Haverinen begann, die Ramones zu covern, die den Punkrock bis in die Nähe des Polarkreises getragen hatten. Sich ausgerechnet das finnische Wort für Marienkäfer zum Namen zu nehmen, hatte seinen guten Grund: „Wir wollten einen Anti-Rock’n’Roll-Namen“, grinst PK. „Wir fanden, das war Punk!“
Aus diesem freiheitlichen Geist und dem Drang zu ständiger Weiterbewegung entwickelten 22 Pistepirkko, mittlerweile in Helsinki, ab Mitte der Achtziger ihre kunsthafte Zitat-Popmusik. War „The Kings OfHongkong“ von 1987 noch astreiner Garagen-Rock, wurde „Rumble City,LaLaLand“{l994) eine eklektisches Indie-Rock-Album zwischen Mississippi-Delta und europäischer Postmoderne. Auch der große Erfolg von „Eleven“, einer stilistischen Quersumme des Geleisteten, lässt das Trio nicht stagnieren. „Rally OfLove“, das neue Album, ist einhundert Prozent Pop und klanglich irritierend unbefleckt. PK: „Wir versuchen nicht, irgendwie Lo-Fi zu sein. Es ist immer noch wie am Anfang. Wir wollen Musik machen, die uns gefallt. Keine musikalischen Risiken mehr einzugehen wäre unser Ende.“
Vorher noch das Pistepirkko-Buch. Keine Biografie, eine Sammlung von Texten, Fotos, Zeichnungen anderer, die sich mit der Band verbunden sehen. Die Pistepirkko-Geschichte in den Geschichten der Leute.