Extrem-Handwerkerei

Nein, für Kunst fühle er sich nicht zuständig, sagt Dave Kincaid. „Ich verstehe mich eher als Handwerker“, meint der Sänger und Gitarrist der New Yorker Roots-Rocker The Brandos: „Es ist mein Job, für Leute Musik zu machen. Und obwohl mir der Job Spaß macht, ist er manchmal auch ziemlich anstrengend.“ Vor allem bei Neuanfängen wie diesem. The Brandos haben seit Ende der 90er Jahre kein Studioalbum mehr gemacht, hatten – zermürbt von Streitereien mit Plattenfirmen – praktisch aufgegeben. Jetzt hat sich Kincaid wieder mit Bassist Ernie Mendillo verbündet und neue Musiker angeheuert, um „Over The Border“ aufzunehmen. Und das bedeutete zwei Jahre harte Arbeit: „Bei einer Rockband wie den Brandos geht es sehr körperlich zu“, sagt Kincaid. „Deine Stimme, deine Fähigkeiten als Instrumentalist, jeden Muskel musst du wie für einen Boxkampf trainieren, um topfit zu sein.“

Er und Mendillo hätten daher viele Monate ausschließlich mit Üben zugebracht, bevor sie wagten, irgendetwas aufzunehmen. Und wie die meisten fleißigen Handwerker ist Kincaid Traditionalist: „von Anfang an haben wir Bands wie die Beatles, The Who oder Creedence Clearwater Revival bewundert, und noch immer bemühen wir uns, so gut zu sein wie die damals.“ Auf „Over The Border“erlauben sich die Brandos aber auch Ausflüge in die Folklore – Kincaid ist irischer Abstammung und war als Jugendlicher ein Jahr lang Austauschstudent in Mexiko. Herzstücke der Platte sind „The Triangle Fire“ und „The New York Volunteer“. in denen Kincaid wie so oft Ereignisse der US-Geschichte als Projektionsfläche für eigene Ideen nutzt. „Mit den Songs verarbeite ich meine Eindrücke vom 11. September“, sagt er. Und tut so, als ob er nicht wüsste, dass das Ergebnis nun doch Kunst ist.

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